
Malteser-Helfer in Ukraine: "Auch jedes Kind ist vom Krieg betroffen"
Nach mehr als drei Jahren Krieg benötigen immer mehr Ukrainerinnen und Ukrainer psychosoziale Unterstützung. "Von 50 Menschen, die in eine Suppenküche kommen, brauchen 47 auch psychologische Hilfe. Überhaupt ist jeder, auch jedes Kind, jeder Jugendliche vom Krieg betroffen", sagte der Leiter der Hilfsaktionen des Malteserordens in der Ukraine, Pavlo Titko, der Nachrichtenagentur Kathpress (Montag) in Wien. Neben Binnenflüchtlingen, Kriegsverwundeten oder älteren Menschen werde daher seelische und psychologische Begleitung insbesondere für Familien sowie Kinder und Jugendliche immer wichtiger.
Familien gingen auseinander, Kinder würden zu Waisenkindern - und manche Soldaten, die teils traumatisiert von der Front zurückkommen, brächten neben der Freude über ihre Rückkehr auch Probleme mit zu ihren Angehörigen, erklärte Titko. "In den Familien gibt es viele Probleme im psychischen Bereich." Tägliche Luftangriffe verschärfen die Situation. "In der Schule meiner Kinder gab es im Winter in drei Monaten nur fünf Tage ohne Bombenalarm. Die Kinder müssen dann in Schutzräume, der Unterricht fällt aus oder findet im Schutzraum statt. Einige Kinder verkraften das besser, andere weinen - jeder ist betroffen."
Der Malteserorden beschäftigt mittlerweile 90 Therapeutinnen und Therapeuten in der Ukraine. Mehrere Zehntausend Menschen im Land kann das Hilfswerk, auch dank der Unterstützung über das internationale Netzwerk von "Malteser international" jährlich psychosoziale Begleitung anbieten. Das geschieht unter anderem durch (Trauma-)Therapiegespräche, Familienberatungen oder Angebote in Schulen. Geholfen wird im Westen der Ukraine, aber genauso etwa auch im Osten in Charkiw oder Saporischschja.
Lebensmittel und Winterkits
Der Krieg habe insgesamt massive negative Auswirkungen auf das Sozialsystem der Ukraine, berichtete Titko im Gespräch mit Kathpress. Die Malteser-Hilfswerke verteilen weiterhin klassische materielle Hilfsgüter wie Lebensmittel, Hygieneartikel und warme Kleidung und helfen bei der Beschaffung von Generatoren für die Energieversorgung. Projekte wie Suppenküchen, die bereits vor dem Krieg existierten, werden fortgesetzt. Seit drei Jahrzehnten sind die Malteser-Hilfswerke in der Ukraine aktiv und werden vom Malteser-Netzwerk unterstützt. "Wir haben 30 Jahre etwas aufgebaut und dadurch konnten wir in diesem Krieg so viel den Menschen helfen", betonte Titko.
Inmitten des Krieges und seiner Schrecken versuchten die Ukrainerinnen und Ukrainer "irgendwie weiterzuleben, weiterzuarbeiten", so Titko. Aber die Belastung, auch für die Mitarbeiter von Hilfswerken, sei enorm, die Menschen physisch sehr müde. Jeder habe auch in der eigenen Familie direkt etwas mit dem Krieg zu tun, erklärte der Malteser-Ukraine-Leiter. "Bei jedem ist jemand im Krieg, bei jedem ist schon jemand tot oder begraben, bei jedem ist jemand an der Front oder steht kurz davor mobilisiert zu werden. Diese Gedanken belasten die Menschen unheimlich."
(Spendenkonto: Malteser Ukraine Soforthilfe, IBAN: AT65 2011 1800 8087 0800, Verwendungszweck: Ukraine Soforthilfe, online unter www.malteser.at)
Quelle: kathpress