
Glaube, Pop und Swifties: Theologinnen analysieren spirituellen Gehalt
Popikone oder Pop-Göttin? In der aktuellen Episode des Podcasts "Diesseits von Eden" gehen die Theologinnen Linda Kreuzer und Eva Puschautz der Frage nach, ob Taylor Swifts Musik und ihre treue Fangemeinde eine quasi-religiöse Dimension haben. Die Analyse zeigt, Swifts Songtexte enthalten zahlreiche religiöse Anspielungen, und ihre Fangemeinde weist Parallelen zu Glaubensgemeinschaften auf. So tauschen Swifties nicht nur Freundschaftsbänder auf Konzerten - sie können Swifts Musik auch als spirituelle Erfahrung erleben.
So greift die amerikanische Künstlerin etwa in im Lied "Guilty as Sin?" (2024) auf biblische Narrative wie die Kreuzigung Jesu und das Wegrollen des Steins vom Grab zurück: "What if I rolled the stone away, they're gonna crucify me anyway." Auch in anderen Songs sind religiöse Bilder präsent. "Es ist faszinierend, wie viele von Taylor Swifts Songs explizit christliche Bezüge haben. Es zeigt, sie ist als Christin aufgewachsen und kennt biblische Texte", sagt Puschautz, aktuell als Postdoc-Universitätsassistentin im Fachbereich Neues Testament tätig.
Besonders auffällig ist laut der Sozialethikerin Kreuzer, dass Swift oft Fragen von Sünde und moralischer Verantwortung verhandelt - Aspekte, die auch in christlichen Lehren eine zentrale Rolle spielen. "Swift spricht viel kulturelles Gedächtnis an. Menschen hören diese Texte und verbinden sie mit ihren Traditionen", so Wiener Sozialethikerin Kreuzer. Und weiter: "Es gibt ein paar Untersuchungen zu Taylor Swift im außerhalb des US-amerikanischen/europäischen Raums, die zeigen dass Personen eines anderen kulturellen und religiösen Hintergrunds mit ihren Texten etwas anfangen können. Sie dürfte eine Essenz herausgezogen haben aus ihrem christlichen Hintergrund, der universal funktioniert."
Swifties als Glaubensgemeinschaft?
Die "Swifties" - die vorwiegend weibliche Anhängerschaft der Sängerin - bilden eine starke Gemeinschaft, die in ihrer Struktur Ähnlichkeiten zu religiösen Bewegungen aufweist. "Die Verbindung zwischen Taylor Swift und Theologie oder Christentum ist über den Begriff 'Gemeinschaft' entstanden. Die Swifties zeichnet aus, dass sie als Gemeinschaft wenig wertend sind und man hinzukommen kann, wie man ist. Das ist für mich ein hohes christliches Ideal - das wir nicht immer einhalten", betont die Bibelwissenschaftlerin Puschautz.
Rituale wie das Knüpfen und Tauschen von Freundschaftsbändern während ihrer Konzerte verstärken das Zugehörigkeitsgefühl der Fans. "Spiritualität bedeutet auch, dass ich mich weiterentwickle und öffne für Erfahrungen. Das passiert bei Swifts Konzerten und auch in den Fangemeinden", ergänzt Kreuzer. Taylor Swift schaffe es "safer Spaces" zu schaffen: "Also Orte, an denen sich Menschen sicherer fühlen als sonst. Eigentlich sollte Kirche auch ein Safer Space sein, an den Menschen hinkommen können, wie sie sind. Das schafft Kirche jedoch sehr oft nicht", ergänzt dazu Puschautz.
Wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Swifts Werk
Dass Taylor Swifts Musik und öffentliche Person theologische Diskussionen anregen, zeigt sich nicht zuletzt in der akademischen Auseinandersetzung mit ihrem Werk. An der Universität Wien wurde im Jänner ein Workshop mit dem Titel "Take us to Church, Taylor!" abgehalten, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Frage nachgingen, inwiefern Swift eine spirituelle Sehnsucht in der Gesellschaft bedient. "Wir haben viele Anfragen von Schüler*innen bekommen, die zu Taylor Swift arbeiten wollen. Anscheinend haben wir vor allem auch bei jungen Menschen Interesse geweckt, sich auf unsere Art der akademischen Theologie mit dem Phänomen auseinanderzusetzen und dadurch wissenschaftlichen Fortschritt zu entwickeln", so Kreuzer, eine der Workshop-Organisatorinnen.
Die gesamte Podcast-Folge unter dem Titel "Glaubensbekenntnis à la Taylor Swift: Pop, Theologie und die Swiftie-Community" kann unter https://diesseits.theopodcast.at/pop-theologie-taylor-swift nachgehört werden. "Diesseits von Eden" ist ein Gemeinschafts-Podcast der Theologischen Fakultäten in Österreich und Südtirol. Er wurde vor inzwischen vier Jahren gestartet.
Quelle: kathpress