
"Gotteslob": Bericht reflektiert Entstehung des Österreichteils
Vor etwas mehr als elf Jahren, im Advent 2013, erschien die Neuausgabe des "Gotteslobs" und bildet seither Grundlage für die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten und Liturgien in den katholischen Pfarren des deutschen Sprachraums. Wie die langjährige intensive und komplexe Erstellung des Gebet- und Gesangbuchs mit dem charakteristischen schlicht-grauen Einband verlief, dokumentiert der nun beim Deutschen Liturgischen Institut erschienene Redaktionsbericht. Ein Kapitel dieser 635-Seiten-Rechenschaftslegung behandelt den gemeinsamen Eigenteil der österreichischen Diözesen. Dieser verbindet "Tradition und Innovation, regionale Identität und ökumenische Weltkirchlichkeit", legt dessen Verfasser Karl Heinz Praßl in der Zeitschrift "Singende Kirche" (Ausgabe 1/2025) dar.
Zentrale Herausforderung bei der Genese des Österreichteils sei es gewesen, bei der Auswahl regionale Traditionen zu integrieren, diese an aktuelle liturgische Anforderungen anzupassen und zugleich das Liedgut zu erneuern, schreibt Praßl. Die dafür nötigen Vorarbeiten begannen auch in Österreich schon gut ein Jahrzehnt vor der "Gotteslob"-Einführung. Der damalige "Liturgiebischof" Egon Kapellari richtete dazu eine Kommission mit Vertretern der Diözesen sowie Liturgie- und Kirchenmusikbeauftragten ein. 2005 beschlossen die Bischöfe, es möge einen einheitlichen Österreichteil geben - und nicht etwa Ergänzungsteile nach einzelnen Diözesen wie in Deutschland. Dann begann das große Sichten von insgesamt 3.000 Gesängen, mit mehreren Evaluierungsrunden in den Diözesen, um das gemeinsame Repertoire zu bestimmen, für das man vor Korrekturschleifen auch um Approbation in Rom ansuchte.
Auch "politische" Signale enthalten
Ein besonderer Fokus bei dieser Auswahl lag auf der Einbindung von Minderheiten und regional geprägtem Liedgut. So wurden Lieder in ungarischer, kroatischer und slowenischer Sprache in das Gesangbuch integriert. Damit habe die Kirche auch "bewusst ein politisches Signal" für die sprachliche Vielfalt der Christen in Österreich und auch der vielen kulturellen Ausdrucksformen gesetzt, erklärt Praßl. "Zum Zusammenleben dieser katholischen Tradition in ein und demselben Gesangbuch gehört es, dass eine Tirolerin ein Lied aus dem niederösterreichischen Flachland kennen und schätzen lernen kann, und dass der Rest Österreichs sich an einem slowenischen Kärntnerlied erfreut", so der Theologe, Kirchenmusiker und Komponist.
In den Österreichteil geschafft haben es schlussendlich 300 Liednummern, darunter Kehrverse, Gesänge, Rufe, Kanons, Kyrie-Litaneien, Psalmlieder und Responsorien. Sie stammen von der Zeit der Gregorianik bis hin zur Gegenwart nach 2010, beinhalten rund 60 Werke des "Neuen Geistlichen Liedguts" (NGL) ebenso wie Kinderlieder, um die Attraktivität des "Gotteslobs" auch für jüngere Generationen zu erhöhen. Gesänge in orthodoxer oder Taizé-Tradition, von Martin Luther sowie Standardwerke österreichischer Hymnologie der josephinischen Zeit und danach fanden Eingang, und auch die Haydn- (Nr. 710) und Schubert-Messe (Nr. 711) sowie Marien- und Herz-Jesu-Lieder, denn "man konnte und wollte sich der Stimme des Volkes nicht verschließen", reflektiert Praßl.
Was die Auswahl der Gesänge für die einzelnen Teile der Messfeier betrifft, stellt der Kirchenmusikexperte eine "deutliche Entwicklung weg vom Lied und hin zu den offenen Formen" fest. Kyrie-Litaneien, Gesänge im Wortgottesdienst, Fürbittrufe und Akklamationen beim Sanctus oder im Hochgebet hätten nun mehr Gewicht als zuvor, ebenso Elemente der Tageszeitenliturgie etwa mit neuen Psalmtönen und leicht singbaren Versionen des Magnificat. Der Eigenteil für Österreich sei somit "sowohl ein Zeugnis für all das, was in der Gemeindeliturgie in den letzten Jahrzehnten gewachsen und gute Praxis geworden ist, als auch eine wichtige Markierung auf dem Weg zukünftiger Entwicklungen im gemeinsamen Beten und Singen".
Reihe von Begleitwerken
Mit dem Erscheinen des in Österreich 1.296 Seiten starken "Gotteslobs" Ende 2013 und seiner Auslieferung - 550.000 der insgesamt über 5 Millionen Exemplare der Gesamtauflage gingen an heimische Pfarren - war die Arbeit daran nicht beendet, sondern "nur ein Etappenziel erreicht". Zahlreiche zumeist von eigenen Arbeitsgruppen erstellte Begleitpublikationen erschienen damals und in der Zeit danach auch zum Österreichteil, wobei Praßl im Redaktionsbericht auch hierzu einen Überblick liefert: Die wichtigsten sind das Orgelbuch und das Kantorenbuch, außerdem gibt es ein Buch mit Intonationen und einfachen Vorspielen, einen Themenschlüssel, Begleitmaterial für Blaskapellen, ein Gitarrenbuch, eine Ausgabe für Blinde und Sehbehinderte, ein "Gotteslob digital" als USB-Stick, eine CD-Box mit exemplarischen Einspielungen aller Lieder und Gesänge sowie einen 2022 erschienenen Liedkommentar. Ein Klavierbuch für den Österreichteil gibt es bislang nicht.
Basis für Weiterentwicklung
Auf viele andere Aspekte jenseits des Österreichteils geht der unter anderem auf der Website des österreichischen Liturgischen Instituts (www.liturgie.at) zum Gratis-Download abrufbare Redaktionsbericht ein. Er dokumentiert auch überregionale Aspekte der Erarbeitung des "Gotteslobs", macht deren Intentionen transparent und gibt so auch Rechenschaft über die Gründe von Änderungen, Neuerungen und Auslassungen. Wie Bischof Friedhelm Hofmann als ehemaliger Vorsitzender der Unterkommission Gemeinsames Gebet- und Gesangbuch (GGB) in seinem Geleitwort betont, ist der Redaktionsbericht auch "Hilfsmittel und Nachschlagewerk für künftige Projekte und Weiterentwicklungen". Er werde insbesondere für die derzeit laufenden Erarbeitungen von Gesangbüchern in der deutschsprachigen Schweiz und in der Evangelischen Kirche gute Dienste leisten.
Quelle: kathpress