
Ukraine: Ordensmann warnt vor Rückgang humanitärer Hilfe
Vor einem Rückgang der humanitären Hilfe in der Ukraine hat der Leiter des Innsbrucker Jesuitenkollegs, P. Christian Marte, gewarnt. Die Nachbarschaftshilfe funktioniere am besten, die humanitäre Hilfe aus dem Ausland hingegen sei stark rückläufig: "Das spüren die Caritas-Verantwortlichen, die für Suppenküchen zuständig sind oder für die Verteilung von Lebensmittel-Paketen an Pensionisten", berichtete der Ordensmann am Montag von einer Reise, die er vom 10. bis 15. März in den Westen und Südwesten der Ukraine unternommen hatte. Er habe auch bei dieser inzwischen vierten Reise seit Kriegsbeginn in die Ukraine Menschen unter enormem Stress erlebt, berichtete Marte. Insbesondere die Frauen, die das soziale Leben aufrecht erhalten, und die Kinder litten enorm unter dem Krieg.
Hinzu komme, dass sich die Menschen ungerecht behandelt fühlen, so Marte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress. Dazu trage etwa die Diskussion um Deals mit den USA über die Ausbeutung Seltener Erden im Gegenzug zu militärischer Hilfe bei: "Das Gefühl der Ungerechtigkeit wird nun verschärft, weil die Menschen in der Ukraine den Eindruck haben: Es geht vor allem um seltene Erden, und jetzt wird unser Land verkauft. Wer interessiert sich wirklich für uns und hilft uns? Sind wir nur Objekte der Welt-Politik und werden herumgeschoben?"
Die Kirchen und Religionsgemeinschaften würden für die Menschen vor Ort wichtige Ankerpunkte darstellen, da sie dort Gemeinschaft erleben können. Dies sei gerade angesichts teils weit auseinandergerissener Familien wichtig. "Die Kirchen sind für viele Menschen sehr wichtig, weil es dort Gemeinschaft gibt. Gemeinsames Beten, einander helfen und füreinander da sein." Diese Erfahrung habe ihm einmal mehr deutlich gemacht: "Wir brauchen eine starke Kirche für die Schwachen."
Die Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand sei spürbar gewesen, so Marte weiter. Doch man müsse bei aller Hoffnung darauf und auf einen Wiederaufbau des Landes nicht die zweite Möglichkeit aus den Augen verlieren: die Möglichkeit einer Ausweitung des Krieges etwa auf die Republik Moldau, auf Litauen, Lettland und Estland. "Dieses Szenario muss man gedanklich durchspielen, nicht nur in der Politik und beim Militär. Auch die Hilfsorganisationen müssen sich darauf vorbereiten."
Der Ordensmann hat vom 10. bis 15. März in Begleitung von Danielle Vella vom Jesuit Refugee Service in Rom und von P. Michael Stanchyshyn die Ukraine bereist. Es war dies seine vierte Reise in die Ukraine seit dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022. Diesmal besuchte Marte den Westen und Südwesten - konkret Lemberg, Czernowitz, Stryi, Mukachevo und Uzhhorod (Transkarpatien).
Quelle: kathpress