
Schlagnitweit warnt vor "demokratiegefährdenden Tendenzen" der FPÖ
Scharfe Kritik an der Politik der FPÖ hat Markus Schlagnitweit, Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe), geübt. In einem Gastkommentar für "Die Furche" (Ausgabe 5/2025) warnt der Theologe vor einer schrittweisen Aushöhlung demokratischer Grundwerte durch die koalitionsverhandelnde Partei und sieht deren Rhetorik und Programmatik im fundamentalen Widerspruch zur Katholischen Soziallehre. Letztere sei auf Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgerichtet. Dem gegenüber stehe eine "Rhetorik der Entmenschlichung" sowie eine demokratiefeindliche Haltung gegenüber Medien, die Unsicherheit schüre und das universale Prinzip der Menschenwürde untergrabe.
"Es geht also um mehr als politische Rhetorik - es geht um die grundlegende Frage, wie wir als Gesellschaft leben wollen", so der Sozialethiker, der zur "wachsamen Aufmerksamkeit gegenüber politischen Entwicklungen und die Respektierung roter Linien der Menschlichkeit" mahnt.
Die wiederholte Diffamierung von Qualitätsjournalismus als "Lügenpresse" oder "Scheißblatt" sei "mehr als eine verbale Entgleisung". Vielmehr handle es sich um den gezielten Versuch, kritische Berichterstattung zu delegitimieren und einzuschüchtern. Eine freie und unabhängige Presse stelle jedoch eine zentrale Säule der Demokratie dar und sei unverzichtbar für eine informierte Öffentlichkeit: "Bürgerinnen und Bürger müssen darauf vertrauen können, dass Regierungen und Parteien kritisch hinterfragt werden und Journalistinnen und Journalisten unabhängig arbeiten und kommentieren können", so Schlagnitweit.
Auch die Rede von FPÖ-Politikern und -Politikerinnen über Geflüchtete als "Gesindel" zeige ein zutiefst menschenverachtendes Weltbild. "Es ist eine Sprache der Entmenschlichung, die Menschen zu abstrakten Bedrohungen oder zu Sündenböcken für ungelöste Probleme und gesellschaftliche Herausforderungen macht", analysiert der Theologe.
Zusätzlich sieht Schlagnitweit in der außenpolitischen Positionierung der FPÖ eine bedenkliche Entwicklung. Die Partei orientiere sich zunehmend an autoritären Staaten wie Ungarn und pflege eine auffällige Nähe zu Russland, das völkerrechtlich als Aggressor gilt, während sie zugleich eine oberflächliche Neutralitäts- und Friedensrhetorik bedient. Diese geopolitische Haltung zeige ein Weltbild, das nationalen Egoismus über internationale Solidarität stellt. Sie gefährde den internationalen Zusammenhalt und diene letztlich der Schwächung demokratischer Kontrollmechanismen, warnt der ksoe-Direktor.
Katholische Soziallehre als ethischer Kompass
Die Katholische Soziallehre, so Schlagnitweit, sei ein moralischer Kompass für eine gerechte und friedliche Gesellschaftsordnung. Politische Strategien, die auf Abwertung, Polarisierung und Angsterzeugung setzen, gefährdeten den sozialen Zusammenhalt und zerstörten langfristig das gesellschaftliche Gefüge. "Die kirchliche Sozialverkündigung erinnert daran, dass menschliche Größe nicht in der Abgrenzung und Abwertung von anderen liegt, sondern in der Fähigkeit zu Empathie und Solidarität", betont der Theologe.
Zwar erziele eine Politik, die Menschen gegeneinander ausspielt und Ängste schürt, kurzfristig Wahlerfolge, "langfristig untergräbt sie jedoch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Grundlagen nachhaltigen sozialen Friedens". Damit würden sowohl soziale Strukturen als auch unmittelbare Beziehungen zerstört. Einige Beispiele führt der Theologe hier an: "Dorfgemeinschaften zerbrechen, lokale Vereine verlieren ihre Stabilität, und Beziehungen zu Nachbarn, Arbeitskolleginnen und -kollegen und Freunden und Freundinnen werden durch Misstrauen und Vorurteile belastet."
Die Stärke einer Gesellschaft messe sich folglich nicht an ihrer Härte, "sondern an ihrer Fähigkeit, Solidarität und Gerechtigkeit zu praktizieren". Wer laut Schlagnitweit Österreich "zuerst" sehen will, muss der humanitären Tradition treu bleiben und Verantwortung übernehmen.
Quelle: kathpress