![Prof. Alexander Filipovic / Kathpress / Henning Klingen Wiener Medienethiker: Vatikanisches KI-Papier 'ausgewogen und klug'](/img/9e/c3/ef0789d7456882ab9d0a/Prof__Alexander_Filipovic-asset-5f8f6de5876139a0871f.jpg)
Wiener Medienethiker: Vatikanisches KI-Papier "ausgewogen und klug"
Als "ausgewogen und klug" hat der Wiener Medienethiker Prof. Alexander Filipovic die vatikanischen Leitlinien für die ethische Beurteilung und den Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) bezeichnet. Das am Dienstag veröffentlichte Dokument mit dem Titel "Antiqua et nova" (Mit alter und neuer Weisheit) lege eine fundierte und differenzierte Reflexion über den Umgang und mögliche Folgen und ethische Probleme im Umgang mit KI vor. Es sei daher auch verkürzend, in der Rezeption des Papiers nur auf Warnungen vor den Schattenseiten von KI abzustellen. "Der Text spiegelt eine hohe Expertise wider und zeigt, dass der Vatikan die Möglichkeiten und Herausforderungen von KI gut versteht", sagte Filipovic im Gespräch mit Kathpress.
So zeige das Papier etwa eindrucksvoll auf, dass Technik niemals neutral sei, sondern durch ihren Einsatz selber Gegenwart verändere: "KI beherrscht uns nicht, wir können sie sehr wohl für positive Dinge und das Gemeinwohl einsetzen, aber: unter dem Deckmantel vermeintlich neutraler Technik kann sich eine technokratische Herrschaft verbergen", mahnte der Medienethiker. Dies werde umso deutlicher, je mehr man sich vor Augen führe, dass die KI-Entwicklung aktuell in den Händen einiger weniger, einflussreicher Tech-Konzerne liege, so Filipovic. Die KI-Technologie sei daher "im Moment kein demokratisches Instrument, sondern ein Herrschaftsinstrument. Wir müssen überlegen, wie wir diese mächtige Technologie so gestalten, dass sie tatsächlich dem Gemeinwohl dient."
Die Nervosität, mit der gerade die großen Tech-Konzerne in den letzten Tagen auf die Nachrichten über die chinesische KI "DeepSeek" reagiert haben, demonstriere letztlich, dass die KI-Technologie dringend eines Demokratisierungsschubs bedürfe und auch junge Start-ups wichtigere Player auf dem Gebiet der KI werden müssen. Die Tatsache, dass diese Notwendigkeit der Demokratisierung ausgerechnet durch ein chinesisches Produkt aufgezeigt wird, komme dabei einem Treppenwitz der Geschichte gleich.
Als bemerkenswert erachtet der Sozialethiker außerdem, dass der Text häufig auf die Menschenwürde als ethische Leitlinie verweist. Menschenwürde diene offenbar als Brücke zwischen einem theologischen und einem säkularen ethischen Diskurs. So könne man an dem Text erkennen, dass Menschenwürde als "Schutzprinzip für die menschliche Person" selbst in einem kirchlichen Kontext "zunehmend ältere naturrechtliche Argumentationen" ersetze.
Das Dokument "Antiqua et nova" (Mit alter und neuer Weisheit) wurde gemeinsam verantwortet von der vatikanischen Glaubensbehörde unter Kardinal Víctor Fernández sowie von der Behörde für Kultur und Bildung unter Kardinal José Tolentino Calaça de Mendonça. Es wendet sich an einzelne Nutzer von KI ebenso wie an Familien, Unternehmen, Institutionen, Regierungen und internationale Organisationen. Auf allen Ebenen gehe es darum, KI im Sinne des Allgemeinwohls zu nutzen.
Quelle: kathpress