Bildung: Knapp zwei Millionen haben Defizite beim Lesen und Rechnen
Anlässlich des Welttages der Bildung am 24. Jänner fordert der aktuelle Vorsitzende der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ), Bernd Wachter, von der nächsten Bundesregierung deutliche Investitionen in die Basisbildung. Ein Prozent des Bildungsbudgets solle der Erwachsenenbildung gewidmet werden, um dringende Defizite bei Lese- und Rechenkompetenzen zu beheben, rief der KEBÖ-Vorsitzende in einer Pressemitteilung am Mittwoch auf. Wachter mahnte ein klares politisches Bekenntnis zur Erwachsenenbildung als dritter Säule des Bildungssystems neben Schule und Universität ein. Denn wenn nahezu zwei Millionen Menschen nicht ausreichend lesen und rechnen könnten, müsse ein Schwerpunkt gesetzt werden. Auch berufliche Weiterbildung sei ohne Grundkompetenzen kaum zielführend.
Hintergrund sind die Ergebnisse der aktuellen OECD-Studie PIAAC (kurz für Programme for the International Assessment of Adult Competencies), die das Kompetenzniveau Erwachsener im internationalen Vergleich untersucht. Laut der Studie haben 29 Prozent der Erwachsenen in Österreich - etwa 1,7 Millionen Menschen - erhebliche Schwierigkeiten beim Lesen.
Besorgniserregend ist laut Wachter, dass der Großteil dieser Personen in Österreich geboren wurde und Deutsch als Erstsprache spricht. Zudem weisen 23 Prozent der Erwachsenen sehr niedrige alltagsmathematische Kompetenzen auf. Im Vergleich zur vorigen Studie stieg dieser Wert um fast 12 Prozent. "Diese Entwicklungen sind besorgniserregend und unterstreichen die Notwendigkeit verstärkter Maßnahmen in der Erwachsenenbildung", betonte Wachter, der auch Bundesgeschäftsführer des Forums Katholischer Erwachsenenbildung ist.
Niedrigschwellige Angebote als Schlüssel
Um der wachsenden Herausforderung zu begegnen, schlug Wachter niedrigschwellige Angebote wie "Lesecafés" vor, die betroffenen Menschen wohnortnah und unkompliziert Unterstützung bieten sollen. Eine Kombination aus professionellen Bildungsangeboten und ehrenamtlichen Programmen sei notwendig, um die Grundbildung in der Bevölkerung zu verbessern.
Wachter plädierte zudem für ein Bildungssystem nach finnischem Vorbild, wo lebenslanges Lernen einen hohen Stellenwert hat. Österreich verfüge bereits über ein dichtes Netz an Bildungsangeboten durch die KEBÖ-Verbände, das jedoch besser finanziert werden müsse.
Forderung nach klarer Prioritätensetzung
Ein erster Schritt wäre laut Wachter eine Anhebung der Bundesmittel für Erwachsenenbildung auf ein Prozent des Bildungsbudgets. Weitere Maßnahmen umfassen die gesetzliche Festschreibung der Bundeskompetenz für Erwachsenenbildung, die Zuständigkeit des Bildungsministeriums für lebensbegleitendes Lernen, die Sicherstellung nationaler Finanzierung für Bildungsmaßnahmen als Voraussetzung für EU-Förderungen sowie praktikable Rahmenbedingungen für die überwiegend nebenberuflich Lehrenden.
Lebenslanges Lernen als demokratische Verantwortung
"Lebensbegleitendes Lernen ist in vielen Ländern zur Selbstverständlichkeit geworden. Österreich darf hier den Anschluss nicht verlieren", betonte Wachter. Neben der Vermittlung von Kompetenzen sei die Erwachsenenbildung auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Stärkung der Demokratie essenziell. In diesem Bereich habe der scheidende Bildungsminister Martin Polaschek wichtige Impulse gesetzt, etwa durch verstärkte Demokratiebildungsprogramme. Diese müssten jedoch ausgebaut werden, um den Herausforderungen der sozialen Medien und der gesellschaftlichen Polarisierung zu begegnen, forderte Wachter.
Quelle: kathpress