Kardinal Rugambwa: Kirche in Afrika muss auf eigenen Beinen stehen
Der afrikanische Kardinal Protase Rugambwa hat die Ortskirchen in Europa und Afrika zu einer "Partnerschaft auf Augenhöhe" aufgerufen, um den Glauben zu verbreiten. Der 64-jährige Erzbischof von Tabora in Tansania betonte bei einer Veranstaltung der Päpstlichen Missionswerke Missio in Wien und im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress (Montag): "Als weltweite katholische Kirche brauchen wir einander." Rugambwa, der von 2012 bis 2017 Präsident der weltweiten Päpstlichen Missionswerke war, erklärte, dass die Kirche in Afrika lange Zeit abhängig gewesen sei und weiterhin punktuell Unterstützung benötige. Dennoch sei es nun an der Zeit, auf eigenen Beinen zu stehen. Und auch die Kirche in Europa und Amerika habe ihre Nöte und brauche manchmal Unterstützung aus Afrika.
Die Kirchen und Priesterseminare in seiner Heimat seien voll, weil die Menschen glauben und Gott erfahren wollen, sagte Rugambwa, der 2023 von Papst Franziskus ins Kardinalskollegium aufgenommen wurde. Gleichzeitig rief der tansanische Erzbischof auf, in der Kirchenentwicklung nicht nur auf Zahlen zu schauen, sondern auf Qualität. Es reiche nicht aus, wenn Kirchen voll seien; die Menschen müssten ihr Leben aus dem christlichen Glauben heraus gestalten und so auf andere ausstrahlen.
Die Kirche müsse neue Wege und Kommunikationsformen finden, damit Menschen den Schatz des Glaubens für ihr Leben entdecken können. "Wir sind im Heiligen Jahr und das Thema ist Hoffnung: Lasst uns die Hoffnung nicht verlieren. Gott ist an unserer Seite!", sagte der Kardinal.
Rugambwa leitete von 2012 bis 2017 die weltweiten Päpstlichen Missionswerke und rückte anschließend zum Sekretär des Evangelisierungsdikasteriums im Vatikan auf. Seit 2023 wirkt er als Erzbischof von Tabora wieder in seinem ostafrikanischen Heimatland Tansania.
Große Herausforderungen für Afrikas Kirche
Er schilderte bei seinem Besuch in Wien die großen Herausforderungen, denen sich die wachsende Kirche in Afrika gegenübersieht. Die von ihm geleitete Erzdiözese Tabora ist flächenmäßig fast so groß wie Österreich. Viele Pfarren haben kleinere Außenstellen, die Priester oft nur schwer oder gar nicht erreichen können, besonders während der Regenzeit. Rugambwa hob auch die Bedeutung von Katechisten und Katechistinnen hervor, die bei der Verbreitung des Glaubens helfen und Kirche auch in abgelegenen Orten für die Menschen präsent machen.
Der Kardinal verwies auf Probleme wie Armut, Analphabetismus und das niedrige Bildungsniveau, da viele Menschen nur kurzzeitig Schulen besuchen könnten. Diese Umstände erschwerten die Evangelisierung und Weitergabe des Glaubens. "Kirche muss die Nöte der Menschen sehen und ihnen helfen", sagte Rugambwa. Die Kirche sei daher im Bildungs- und Gesundheitsbereich sehr aktiv und betreibe Schulen, Spitäler und Gesundheitszentren, da die staatliche Versorgung oft nicht ausreiche. Einige dieser Einrichtungen seien Kooperationsprojekte mit staatlichen Stellen in Form sogenannter "Public Private Partnerships".
In Tansania sind nach Schätzungen etwa 40 Prozent der Bevölkerung Christen und 40 Prozent Muslime. Viele Nomaden leben nach traditionellen afrikanischen Religionen, wobei sich teils traditionelle religiöse Praktiken mit christlichen Riten mischen (Synkretismus). Rugambwa berichtete auch von der zunehmenden Präsenz christlicher Sekten, deren Führer in großen Autos vorfahren würden und den Leuten "große Versprechungen" machten.
In der Erzdiözese Tabora sind Katholiken eine Minderheit, die Region wird von Muslimen dominiert. Wie anderswo gebe es auch in Tansania Probleme mit Islamismus, vor allem durch radikale Gruppen, die ins Land geschickt würden. Grundsätzlich aber gebe es in Tansania ein friedliches Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen, sagte der Kardinal. Er pflege einen guten Dialog mit den muslimischen Religionsführern in seiner Erzdiözese. "Wir sind vor allem Tansanier und es ist uns sehr wichtig, auf die Einheit zu schauen. Wir gehören zusammen und wir empfinden uns als Brüder und Schwestern - und das ist auch bei den Muslimen bisher so ganz fest verankert", sagte Rugambwa.
Gebet für friedliche Präsidentenwahlen
Im Oktober sollen in Tansania Präsidentenwahlen stattfinden. Die derzeitige Präsidentin des ostafrikanischen Landes, Samia Suluhu Hassan, galt zunächst als Reformerin. Inzwischen werfen ihr Kritiker zunehmenden Demokratie-Abbau vor. Hassan hatte das Amt nach dem plötzlichen Tod ihres autoritären Vorgängers John Magufuli 2021 übernommen.
"Natürlich beten wir für Frieden", sagte Kardinal Rugambwa im Kathpress-Interview angesprochen auf die politische Situation. Wie in anderen Ländern gebe es in Fragen der Macht auch Spannungen. "Wir beten für gerechte und friedliche Wahlen, und dass Politiker ihre Wahlauseinandersetzung auf ernsthafte und sehr respektvolle Weise tun", betonte der Erzbischof von Tabora.
Missio-Priesterpatenschaften
Nach seinem Namensverwandten Laurean Rugambwa (1912-1997) sowie dem emeritierten Erzbischof von Dar-es-Salaam, Polycarp Pengo (80), ist Protase Rugambwa Tansanias dritter Kardinal. In jungen Jahren wurde er aus Österreich durch eine Priesterpatenschaft der Päpstlichen Missionswerke unterstützt - als einer von mehr als 25.000 Priesterstudenten in den vergangenen rund fünf Jahrzehnten. Die Priesterpaten in Österreich begleiten Priesterstudenten aus ärmeren Ländern über mehrere Jahre hinweg im Gebet und auch finanziell. Patenschaften über Missio Österreich gibt es aktuell mit Studenten in rund 40 Seminaren weltweit. (Informationen: https://www.missio.at/priesterpatenschaften/)
Quelle: kathpress