"Blue Monday": Laut Caritas mehr als 600.000 Menschen einsam
Einsamkeit trifft Menschen, unabhängig von Alter, sozialem Hintergrund und Einkommen: Wenige Tage vor dem sogenannten "Blue Monday" (20. Jänner) - der dritte Montag im Jänner gilt als traurigster Tag des Jahres - macht die Caritas der Erzdiözese Wien auf das drängende Thema Einsamkeit aufmerksam, die laut der Hilfsorganisation drastisch zunimmt. Caritas-Direktor Klaus Schwertner verwies in einer Aussendung am Freitag auf eine Caritas-Studie (2023) laut der sich rund 600.000 Menschen in Österreich mehr als die Hälfte der Zeit einsam fühlen. Einsamkeit sei damit eine "Not unserer Zeit, die viel verbreiteter ist, als wir annehmen" und trotzdem noch immer ein großes Tabuthema. Schwertner appellierte auch an die nächste Bundesregierung, das Thema auf die Agenda zu nehmen.
"Einsame Menschen wieder in die Gesellschaft zu holen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eine Aufgabe der Politik", betonte der Caritas-Direktor der Erzdiözese Wien. Wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken wolle, müsse folglich auch die Einsamkeit bekämpfen.
17 Prozent der Befragten mussten laut der Studie, die die Caritas gemeinsam mit dem Institut "Foresight" im Jahr 2023 durchgeführt hat, ihre Sozialkontakte durch die Preisanstiege aufgrund von Rekordinflation und Energiekrise einschränken. Besonders betroffen sind Menschen mit niedrigem Einkommen.
Zusammenhalt könne jedoch nur dort wachsen, wo Angebote ohne Schwellen erreichbar seien, so der Hinweis von Schwertner. Nötig seien Förderungen von Initiativen und Projekten, etwa durch einen eigenen Regierungsbeauftragten gegen Einsamkeit sowie ressortübergreifende Strategien. Weiters forderte die Caritas ein breites Bündnis aus Bund, Ländern, Gemeinden, Kirchen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die Förderung von lokalen Initiativen und freiwilligem Engagement, sowie einen Fonds, um innovative und digitale Lösungsansätze rasch unterstützen zu können.
55.000 Gespräche im "Plaudernetz"
Mit Initiativen wie dem Plaudernetz will die Caritas der Einsamkeit entgegenwirken: Menschen, die niemanden zum Reden haben, telefonieren unter der Nummer 05 1776 100 mit Freiwilligen, die gerne zuhören.
Seit Projektstart im April 2020 wurden laut Caritas mehr als 55.000 Gespräche geführt. Das Jahr 2024 sei dabei das bisher "stärkste Jahr" seit dem Projektstart gewesen. So haben im Vorjahr 2.413 Menschen - 17 Prozent mehr als 2023 - die Nummer gewählt. Aktuell engagieren sich rund 4.100 Plauderpartnerinnen und -partner freiwillig beim Plaudernetz.
Bedarf an Austausch stieg
Dass der Bedarf an Begegnungsmöglichkeiten und Austausch unter den Menschen deutlich gestiegen ist, zeigt nach Angaben der Wiener Caritas auch die große Nachfrage bei zahlreichen Initiativen der Hilfsorganisation.
In der Aussendung genannt wurden unter anderem Projekte wie die mittlerweile mehr als 100 Plauderbankerl, die die Caritas gemeinsam mit vielen Pfarren in Wien und Niederösterreich im öffentlichen Raum aufgestellt hat, aber auch die mehr als 40 Wärmestuben, die in Pfarren ihre Pforten geöffnet haben und Gäste bewirten.
Die Caritas testet zudem neue Wohnformen, darunter Projekte für gemeinschaftliches Wohnen ab 55 Jahren. Zudem ist sie mit Begegnungsangeboten wie dem virtuellen Plauderraum sowie "Open2Chat" auch im Internet präsent.
Quelle: kathpress