Linz: Neue Perspektiven für christlich-jüdischen Dialog
Zukunftsweisende Perspektiven des christlich-jüdischen Dialogs wurden an der Katholischen Privat-Universität Linz (KU) bei einer Veranstaltung im Vorfeld des "Tages des Judentums" erörtert. Den Hauptvortrag hielt Oberrabbiner Jehoschua Ahrens, die katholische und evangelische Perspektive brachten Bischof Manfred Scheuer und Pfarrer Roland Werneck ein. Ahrens zeigte anhand von rabbinischer Literatur vom Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert eine Reihe von positiven Bewertungen und Einordnungen des Christentums. So seien etwa von Maimonides im 12. Jahrhundert und Rabbiner Jacob Emden im 18. Jahrhundert die Taten und Werte Jesu positiv erwähnt worden. Auch die Pluralität von Religionen werde vielfach als gottgewollt angesehen und ein Missionsgedanke sei dem Judentum ohnehin fremd.
Ahrens verwies auch auf die Erklärung "Den Willen unseres Vaters im Himmel tun: Hin zu einer Partnerschaft zwischen Juden und Christen" aus dem Jahr 2015, an deren Abfassung er beteiligt war. Darin heißt es wörtlich: "Wir möchten den Willen unseres Vaters im Himmel tun, indem wir die uns angebotene Hand unserer christlichen Brüder und Schwestern ergreifen. Juden und Christen müssen als Partner zusammenarbeiten, um den moralischen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen [...]. Wie Maimonides und Jehudah Halevi vor uns erkennen wir an, dass das Christentum weder ein Zufall noch ein Irrtum ist, sondern göttlich gewollt und ein Geschenk an die Völker."
Ahrens ist derzeit als Gemeinderabbiner in Bern sowie als Oberrabbiner in Salzburg tätig und arbeitet an einem Habilitationsprojekt an der Universität Salzburg.
Bischof Manfred Scheuer stellte die katholische Sicht auf den christlich-jüdischen Dialog anhand der Erklärung "Nostra aetate. Über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen" (1965) des Zweiten Vatikanischen Konzils dar. Der entscheidende Schritt der Konzilserklärung bestehe darin, "dass die Kirche in ihrer Herkunft und damit in ihrer Identität unabweisbar an das Volk Israel verwiesen und das aktuelle Judentum als konstitutiver Gesprächspartner einbezogen wird". Scheuer ist in der Österreichischen Bischofskonferenz zuständiger Referatsbischof für die Beziehungen zum Judentum.
Zum christlich-jüdischen Dialog aus evangelischer Sicht sprach Pfarrer Roland Werneck. Neben wichtigen Dokumenten wie der Schrift "Zeit zur Umkehr. Die Evangelischen Kirchen in Österreich und die Juden" (1998) der evangelischen Generalsynode zeigte Werneck Initiativen aus der Praxis auf: das Studienprogramm "Studium in Israel" an der Hebräischen Universität Jerusalem für christliche Theologiestudierende, die "Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext" für die vorgesehenen Bibeltexte im evangelischen Gottesdienst oder die intensive Auseinandersetzung mit antijüdischen Motiven auf den Kirchenfenstern in der Evangelischen Pauluskirche in Wien.
Rund 130 Gäste waren am Dienstagabend der Einladung des "christlich-jüdischen Komitees OÖ" in die KU Linz gefolgt; darunter der Rektor der KU Linz, Prof. Michael Fuchs, Landeshauptmann a.D. Josef Pühringer und die Superintendentialkuratorin der Evangelischen Kirche A.B. OÖ, Renate Bauinger.
Die Kirchen in Österreich begehen am 17. Jänner den bereits 26. "Tag des Judentums". Das Christentum ist von seinem Selbstverständnis her wesentlich mit dem Judentum verbunden. Damit dies den Christen immer deutlicher bewusst wird, hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) im Jahr 2000 den 17. Jänner als eigenen Gedenktag im Kirchenjahr eingeführt. Dabei sollen sich die Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusst werden. Zugleich soll auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden. Dies erfolgt im Rahmen von Gottesdiensten und weiteren Gedenk- und Lernveranstaltungen rund um den 17. Jänner.
Quelle: kathpress