Kugler: Zukunftsfähige Gesellschaft braucht gemeinsame Richtung
Eine Gesellschaft braucht Konsens "und eine gemeinsame Richtung, damit sie Zukunft schaffen kann": Das betonte die VP-Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler im Interview mit dem Kärntner "Sonntag" (aktuelle Ausgabe). Man sei sich derzeit aber "unsicher, was unser gesellschaftlicher Konsens ist und wohin es gehen soll", so Kugler. Nachsatz: "Das macht uns schwächer."
Jeder Politiker sei von Überzeugungen inspiriert. Wenn diese aus einem jüdisch-christlichen Erbe kommen, "ist das sicher nicht schlecht für die Gesellschaft", so die Abgeordnete. Die Trennung von Staat und Kirche sei ein wichtiges Prinzip, "das wir in Österreich gut umsetzen. Wir versuchen, ein entspanntes und respektvolles Verhältnis von Kirche und Staat zu leben." Sowohl die Kirche als auch der Staat hätten Freiraum, "aber gleichzeitig leben sie nicht komplett aneinander vorbei".
Die Nationalratsabgeordnete wies auf das berühmte Böckenförde-Diktum hin, wonach der freiheitliche, säkulare Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann. "Da wird der Wert des Christentums für eine reife Demokratie ersichtlich", so Kugler, die sich zugleich aber auch besorgt zeigte ob eines zunehmenden aggressiven Säkularismus.
Kugler: "In einer offenen Gesellschaft darf es keine Tabus geben. Selbst wenn jemand mit christlich inspirierten Positionen in der Politik auftritt, dann soll es auch dafür Platz geben. Demokratie heißt, Mehrheiten zu suchen. Wenn eine Position sich nicht durchsetzt, dann nicht, weil sie verteufelt wird oder nicht gesagt werden darf, sondern weil sie keine Mehrheit hat."
Große Sorgen bereitet der Politikerin der demografische Wandel. Das sei ein Schlüsselthema, dem man noch zu wenig Beachtung schenke: "Wie gehen wir mit Landstrichen um, die sich entvölkern? Wie können wir Infrastruktur aufrechterhalten und wie eine alternde Gesellschaft weiterhin über Pensionen, Pflege und Medizin versorgen? Auch das Thema Immigration hat damit zu tun und wie wir den spezifisch österreichischen Charakter unseres Landes erhalten. Und schließlich die riesige Frage: Wie können wir Menschen motivieren, mehr Kinder zu bekommen?"
Für letzteres brauche es zuerst "ein Bekenntnis aller Eliten dazu, dass es gut, wichtig, sinnstiftend und schlichtweg etwas Schönes ist, Kinder zu bekommen". Oft würden Kinder im politischen und gesellschaftlichen Diskurs nur als Problem dargestellt. Kugler: "Wenn ich das Wort 'Kind' immer nur mit dem Zusatz 'Betreuung' erwähne, dann werden Kinder sofort als Problem dargestellt. Die Frage der Betreuung soll natürlich gelöst werden. Aber zuerst muss ich sagen: Es ist wunderbar, Kinder zu haben." Es sei Aufgabe aller, den Menschen Mut zu Kindern machen und es ihnen zu erleichtern, eine Familie zu gründen. Die Politik allein könne das Steuer nicht herumdrehen.
Kugler ist Juristin, Theologin und Politikerin der Österreichischen Volkspartei. Seit 2017 ist sie Abgeordnete zum Nationalrat und innerhalb der ÖVP Menschenrechts- und Vertriebenensprecherin. 2024 wurde sie zur Vizepräsidentin der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gewählt.
Quelle: kathpress