Regierungsverhandlungen: Zulehner mahnt zu kühlem Kopf
Der Wiener Theologe Prof. Paul Zulehner hat angesichts der aktuellen Regierungsverhandlungen dazu aufgerufen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Neuwahlen würden die FPÖ nur noch mehr stärken und zugleich seien Neuwahlen angesichts der prekären Budgetlage des Landes derzeit auch verantwortungslos, so Zulehner in seinem Blog. Die ÖVP nahm der Theologe ins Gebet, sich ihrer christlich-sozialen Wurzeln zu besinnen und in den Verhandlungen Rote Linien zu ziehen.
Ein Beispiel dafür: "Kampf gegen die illegale Migration ja, aber keine pauschale Remigrationspolitik, weil diese nicht nur der Wirtschaft schaden würde, die dringend Arbeitskräfte braucht, weil sonst die Regierung die Pflege daheim und in den Krankenhäusern, aber auch Autobusse usw. lahmlegen würden."
Christlich bedeute u.a. zudem, "alles zu unterlassen, was den Religionsfrieden im Land belastet." Es gehe nicht an, "undifferenziert gegen den Islam zu kämpfen und nicht punktgenau gegen den Missbrauch von Allah für Gewalt". Keine Religion sei vor einem solchen Missbrauch gefeit, "nicht die Evangelikalen in Amerika, nicht der Patriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche, nicht der Islamische Staat".
Weitere Rote Linien sah Zulehner im Beibehalten der bisherigen Klima- und Europapolitik. "Ein Bundeskanzler, der auf die Europapartei ÖVP angewiesen ist, kann nicht wie Orban das EU-Geld nehmen und sonst an der EU nichts Gutes lassen und eine nationalistische Antieuropapolitik machen." Auch die Russlandpolitik müsse einen gerechten Frieden für die Ukraine zum Ziel haben.
"Wer regiert, verliert"
Es werde jedenfalls spannend sein zu beobachten, "wie aus der erfolgreich problemorientierten FPÖ eine lösungsorientierte Regierungspartei wird". Zwangsläufig würden derzeit in ganz Europa angesichts einer solchen Herausforderung Populisten unpopulär: "Wer regiert, verliert." Das sei derzeit unvermeidlich, "wenn dem Land und nicht der Partei gedient wird". Die FPÖ könne schon rein budgetär nicht halten, "was sie bisher vollmundig versprochen hat".
Er habe die Hoffnung, so Zulehner, "dass es sowohl in der FPÖ wie in der ÖVP hinreichend viele Persönlichkeiten gibt, die sich einer Politik der Lösung, also des Friedens, der Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung verschreiben und damit vor allem dem Land und nicht in erster Linie ihrer Partei dienen".
Quelle: kathpress