Dompfarrer Faber: "Misson first" erfordert ungewöhnliche Wege
Die an Mitgliederschwund leidende Katholische Kirche würde mehr Menschen erreichen, wenn sie ihre Evangelisierungsoffensive "Misson first" wirklich umsetzen "und nicht nur in ewigen Sitzungen besprechen" würde. Das hat der Wiener Dompfarrer Toni Faber in einem am Christtag veröffentlichten Chat mit dem Wochenmagazin "profil" betont und sich dabei auf ein Hauptziel des Entwicklungsprozess "Apg 2.1" in der Erzdiözese Wien bezogen. Missionierung erfordere "ungewöhnliche Wege". Er selbst habe 2024 rund 80 Wiedereintritte in die Kirche zu verzeichnen, sagte Faber: "100 ist so das von mir angestrebte Maß der letzten 20 Jahre."
Der Dompfarrer plädierte auch für Veränderungsbereitschaft der Kirchenverantwortlichen. "Als große Reformer werden wir Katholiken keinen Hauptpreis mehr gewinnen können", räumte er ein. "Aber dass wir mit geschiedenen, wiederverheirateten und homosexuellen Menschen endlich schon anständiger und entspannter umgehen, ist sicher auch von außen zu bemerken." Die Frauenfrage jedoch "scheint in Rom noch nicht so weit zu sein", bedauerte Faber. "Dabei ist sie höchst überreif."
Auf die Frage, wie oft er an den Institutionen der Kirche schon gezweifelt habe, antwortete der Dompfarrer: "Gezweifelt schon öfter, aber Gott sei Dank nicht verzweifelt." Dafür liebe er die Menschen in der Kirche zu sehr "und die Menschen, für die wir als Kirche auch da sind". Für das Leben insgesamt wie auch für die Kirche gelte: "Das einzig Bleibende ist die beständige Erneuerung." In der Kirche dauere dies "dann leider auch länger".
Faber bestätigte, dass er nach dem Konflikt rund um das von Gottfried Helnwein gestaltete, von manchen als anstößig empfundene Fastentuch - ein Kulturprojekt im Stephansdom, das nach Protesten vorzeitig abgebrochen wurde - kurz überlegte, sein Amt als Dompfarrer aufzugeben. Aber er habe sich dann dafür entschieden, sich "mit aller Energie und Leidenschaft neuen Projekten" zuzuwenden.
Auch Politik war ein Thema des Gesprächs im Rahmen der "profil"-Reihe "Ballhausplatz-Chats". Toni Faber erwähnte, dass er in jedem Gottesdienst für die Regierenden und solche, die es noch werden wollen, bete. Das Anliegen dabei: Die Politiker mögen dem Gemeinwohl Vorrang einräumen, dem, "was uns im Kleinen und im Großen nachhaltig guttut" und den Fokus nicht allein auf die Umsetzung von Parteiinteressen legen. Die Frage, ob er ein politischer Mensch ist, beantwortete der Dompfarrer mit "Ja, natürlich, weil mich die Menschen und die Stadt etwas angehen".
Über Van-der-Bellen-Entscheidung erstaunt
Auch in der Gratiszeitung "Heute" (26. Dezember) äußerte sich Faber über Politik. Die Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Herbert Kickl trotz des Erfolgs der FPÖ bei der Nationalratswahl nicht den Regierungsauftrag zu erteilen, habe ihn "verwundert". Zugleich hielt der Dompfarrer fest: "Der Herr Bundespräsident wird seine guten Gründe gehabt haben", das habe er nicht zu beurteilen.
Fabers Überzeugung: "Es braucht vernünftige Frauen und Männer, die sagen, wir müssen einmal absehen von dem, was unsere eigene Partei egoistisch durchsetzen will", und das Augenmerk auf Gemeinsames richten. Er sei aber guter Hoffnung, so Faber. "dass zwar nicht unter dem Christbaum, aber im neuen Jahr mit den Bemühungen aller etwas zustande kommt."
Quelle: kathpress