Bischof Glettler: "Gottes Herz steht nicht nur den Frommen offen"
Weihnachten ist ein Fest der Hoffnung, "weil Gottes Herz allen Menschen offensteht, nicht nur den Frommen oder moralisch Unbescholtenen". So beschreibt der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler im Weihnachtsinterview der "Kleine Zeitung" (Mittwoch, 25. Dezember) die christliche Mitte des Festes. Weihnachten antworte auf die tiefe Sehnsucht nach letzter Geborgenheit und gehöre entsprechend "allen Menschen". Gerade in Krisenzeiten sei es mit all seiner Zerbrechlichkeit "ein Fest der widerständigen Hoffnung" und "demütiges Zuflucht nehmen zu Gott", so der Bischof. Dies gelte vor allem jetzt, "angesichts der vielen Dynamiken des Bösen, die unsere Vorstellungskraft übersteigen", rief der Bischof auf, das Fest trotz Krieg und Krisen zu feiern.
Das "Staunen und Hineintasten" in das Mysterium der Weihnacht dürfe nicht aufhören. Die Botschaft des Festes bleibe frisch, auch wenn sich Kontexte ändern, so Glettler. Der Blick auf die Krippe dürfe freilich nicht zu einem "infantilen Blick auf Jesus" verleiten lassen. "Wir feiern den Geburtstag dessen, der mit seiner Botschaft, seinem Geist und mit seiner Vergebung die Welt erlöst hat", erinnerte der Bischof.
Gefragt nach "irdischen Heilanden" aus der Politik, die Erlösung verheißen, sprach Glettler hingegen von "ungedeckten Schecks" und "leeren, gefährlichen Versprechungen". Der Glaube an Gott verpflichte, diesen irdischen Erlösern nicht zu folgen. "Sie haben meist eine verführerische Sprache. Und sie befeuern die Jagd auf Sündenböcke, die ihren Heilskonzepten widersprechen", warnte der Bischof. Alternativen seien gefragt, also "Zuhören, nicht niederbrüllen, kreative Geduld anstelle unnötiger Empörungen". Dies gelte etwa auch für den Umgang mit den Menschen aus Syrien, die in Österreich Zuflucht gefunden haben, fügte Glettler ein Beispiel hinzu.
Kirche "ständig reformbedürftig"
Vor dem Hintergrund sinkender Zahlen bei Gottesdienstbesuchern befragt, ob der Glaube überhaupt Kirche brauche, betonte der Bischof, dass der Glaube eine Form benötige, um das Leben zu prägen und den Alltag zu durchdringen. "Ohne religiöse Bildung und kulturelle Verortung verkommt der Glaube zur bloßen Emotion. Oder versiegt", sagte Glettler. Gleichzeitig sei die Kirche "ständig reformbedürftig", existiere sie doch nicht "um ihrer selbst willen", sondern sei quasi wie eine Brunnenfassung, um "Frischwasser anzubieten, das aus dem Urquell des Lebens kommt: Von Gott her."
"Es wäre ein guter Schritt", sagte der Bischof auf Nachfrage zu konkreten Reformen in der Kirche über den Frauendiakonat. Grundsätzlich übe sich die Kirche in Synodalität, was er selbst als "Entlastung und Auftrag" empfinde, so Glettler. "Ernsthaft Weggemeinschaften bilden, auch über den kirchlichen Tellerrand hinaus. Niemanden ausgrenzen. Papst Franziskus hat uns diesbezüglich heilsame Lernschritte verordnet." In jedem Fall lerne die Kirche im Inneren "pluralitätsfitter zu werden", erklärte der Innsbrucker Bischof: "Gegenseitige Verwerfungen können wir uns nicht mehr leisten. Die Welt erwartet von uns ein Zeugnis der Hoffnung."
Quelle: kathpress