Caritas-Präsidentin: "Einsamkeit macht krank"
Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler hat die Forderung der Hilfsorganisation nach einer nationalen Koordinationsstelle im Kampf gegen Einsamkeit bekräftigt. "Einsamkeit ist eines der großen neuen Themen, die wir angehen müssen", sagte sie im Gespräch der "Kleinen Zeitung" (Ausgabe 25. Dezember). Das Problem betreffe 660.000 Menschen in ganz Österreich, unter ihnen Frauen und Männer, Alte und Junge gleichermaßen. Ein neuer Regierungsbeauftragter soll die zahlreichen bestehenden Initiativen von öffentlicher Hand und privaten Organisationen koordinieren, so der Caritas-Vorschlag.
"Einsamkeit macht krank", sagte Tödtling-Musenbichler und verwies auf eine Studie die zeige, dass Einsamkeit schlimmere Folgen habe als Rauchen. So fördere Einsamkeit Krankheiten und mache depressiv. Die steigenden Lebenshaltungskosten verschärften die Situation, da viele Menschen ihre Sozialkontakte einschränken müssen. "Wir beobachten, dass sich junge Menschen aufgrund der schnellen Entwicklung und der Digitalisierung immer mehr zurückziehen", erklärte die Caritas-Präsidentin. Corona habe diese Tendenz verstärkt, sei aber nicht die Ursache.
Die Caritas bietet bereits Initiativen wie ein Plaudertelefon, Besuchsdienste und Plauderbänke auf Friedhöfen an. "Da sagen die Leute: Endlich hört mir jemand zu", berichtete Tödtling-Musenbichler. Wie bei der Armut sei auch bei Einsamkeit Scham ein großes Problem. Die Caritas-Präsidentin glaubt, dass die Politik das Thema erkannt hat. "Die Politik sollte sich sagen: Uns muss es gelingen, Hoffnung zu geben und Initiativen zu fördern, weil der Staat nicht alles kann."
Im "Kleine Zeitung"-Interview forderte Tödtling-Musenbichler auch einmal mehr einen "armutsfesten Sozialstaat, der effektiv und nachhaltig vor Armut schützt und diese präventiv verhindert". Die Caritas-Chefin nannte Maßnahmen wie den Ausbau der Kinderbetreuung, ein verpflichtendes Kindergartenjahr oder den Ausbau der Pflege. "Es braucht eine nachhaltige Strategie: Kinder müssen auf ihre Bildungsreise mitgenommen werden, sonst laufen sie Gefahr, psychisch krank zu werden." Die Kindergrundsicherung sollte sich aus einem Grundbetrag und einkommensabhängigen Leistungen zusammensetzen, so Tödtling-Musenbichler: "Wir brauchen keine Gießkanne."
Quelle: kathpress