Landau: "Es braucht mehr Europa und nicht weniger"
"Es braucht mehr Europa und nicht weniger." - Mit diesen Worten hat Caritas-Europa-Präsident Michael Landau für eine stärkere und zugleich solidarischere Europäische Union geworben. Er äußerte sich am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz bei der Gedenkstätte "Eiserner Vorhang" im oberösterreichischen Guglwald, zu welcher der Verein "DenkStein Eiserner Vorhang" geladen hatte. Für Mittwochabend stand eine Gedenkveranstaltung im nahen Bad Leonfelden auf dem Programm, mit einem Festvortrag von Landau. Anlass war der Fall des Eisernen Vorhangs vor 35 Jahren.
Die Geschichte des vereinten Europas habe sich in vielerlei Hinsicht als Erfolgsgeschichte erwiesen, so Landau in seinen Ausführungen beim Pressegespräch: "Die Europäische Union brachte für weite Teile der Bevölkerung Demokratie und Wohlstand." Heute erlebe man allerdings neue Trennlinien bzw. "Gräben der Polarisierung, die unsere Gesellschaften durchziehen". Landau sprach vom "Gespenst des Populismus" und einem "Comeback einer Politik der Angst".
Landau hielt dem entgegen: "Die Herausforderungen unserer Zeit erfordern mehr Zusammenhalt und Solidarität. Wir können die eigene Erfolgsgeschichte nur fortschreiben, wenn wir uns nicht spalten lassen und vereint handeln. Denn im globalen Vergleich ist jedes europäische Land klein."
Der Caritas-Europa-Präsident mahnte zugleich einen intensiveren Blick auf jene ein, die Angst um ihre Zukunft haben, sowie konkrete Hilfe für die Schwächsten. "Europa kann nicht nur Wirtschafts-, sie muss stärker als bisher auch Solidaritätsunion sein", so Landau.
Höchst besorgt zeigte sich der Caritas-Europa-Präsident über die aktuelle Lage in Georgien, wo in den letzten Wochen friedliche Demonstranten mit übermäßiger Gewalt konfrontiert wurden. Die Caritas sei alarmiert "über die gewaltsame Unterdrückung von Bürgerinnen und Bürgern, die ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung ausüben".
Die Caritas Europa verurteile die Anwendung von Gewalt gegen friedliche Demonstranten. "Die Menschen in Georgien haben das Recht, ihre politische Meinung zu äußern, ohne Angst vor Gewalt oder Vergeltung haben zu müssen. Die Würde jedes Einzelnen muss respektiert werden", so Landau, und hielt fest: "Europa darf nicht wegsehen und darf nicht schweigen angesichts des Leids und des Unrechts, das in Georgien geschieht. Hier ist auch Österreich gefordert."
Kampf gegen Kinderarmut
Landau mahnte auch innerhalb der Europäischen Union verstärkte Bemühungen im Kampf gegen Armut ein. Ein besonders drängendes Thema sei dabei die Kinderarmut. "Aktuell ist eines von vier Kindern in der EU von Armut bedroht. Die Europäische Kindergarantie bietet einen wichtigen Rahmen, um dies zu bekämpfen. Jetzt gilt es, die nationalen Aktionspläne - auch in Österreich - rasch in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Kinderarmut dürfen wir weder in Europa noch in Österreich akzeptieren."
Aber auch auf globaler Ebene sei Solidarität gefragt. Die weltweiten Krisen - von der Ukraine über den Nahen Osten bis hin zu vergessenen Konflikten im Sudan und Jemen - zeigten, "wie eng unsere Schicksale miteinander verbunden sind". Auch im eigenen Interesse brauche es verstärkte Nothilfe, nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit und den Kampf gegen Fluchtursachen wie Hunger und Klimawandel.
Landau abschließend: "35 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wird im Blick nach Vorne also entscheidend sein, dass wir uns nicht von Angst und Wut leiten lassen, dass wir gerade auch jetzt hoffnungsvoll und zuversichtlich bleiben. Keine neuen Mauern, keine tiefen Gräben, sondern Dialog und Gesprächsbereitschaft."
Quelle: Kathpress