Syrien: Caritas und Diakonie kritisieren Abschiebeforderungen
Trotz der veränderten Situation in Syrien ist es völlig verfrüht, jetzt von einer Abschiebeoffensive zu reden, wie vom Innenministerium und von weiteren politischen Kräften im Land angeregt bzw. gefordert. Das haben Caritas und Diakonie am Dienstag in Aussendungen betont. Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp hielt fest: "Solange noch Kampfhandlungen stattfinden und die humanitäre Lage sowie die Sicherheitssituation im Land so volatil sind, ist Syrien nach wie vor kein sicheres Rückkehrland. Eine Rückkehr in eine vollkommen zerstörte Region ist aus humanitären Gründen nicht möglich."
Keinesfalls könnten Menschen kollektiv ausgewiesen werden. Wenn jemand in Österreich Asyl oder subsidiären Schutz bekommen hat, könne dieser nur in einem individuellen Aberkennungsverfahren nach Prüfung der individuellen Gefährdungslage aberkannt werden, so Knapp weiter.
Darüber hinaus sind viele syrische Flüchtlinge gut in Österreich integriert und haben sich eine Existenz aufgebaut. Sie leben und arbeiten seit vielen Jahren in Österreich, sodass eine Ausweisung - unabhängig von der Situation in Syrien - menschenrechtswidrig wäre.
In die gleiche Kerbe schlug auch die Diakonie: Für Asyl-Aberkennungsverfahren gelten klare Bedingungen, erläuterte das evangelische Hilfswerk: Das Herkunftsland müsse dauerhaft sicher und eine Rückkehr in Würde möglich sein. Man müsse vor Ort auch eine Lebensgrundlage vorfinden können. All das zu beurteilen sei aus heutiger Sicht noch unmöglich, und es werde noch Zeit brauchen, um die weiteren Entwicklungen in Syrien zu beobachten. "All die anderen Überlegungen, mit denen Österreich gerade vorprescht, haben mit dem Asylrecht nichts zu tun und sind unwürdig", betonte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. "Es ist jetzt nicht die Zeit für Überreaktionen und Schnellschüsse."
Investitionen in den Wiederaufbau
Die Caritas mahnte in ihrer Aussendung auch langfristige Investitionen in den Wiederaufbau ein. "Angesichts der historischen Ereignisse in Syrien sind sowohl humanitäre Hilfe als auch die langfristige Unterstützung beim Wiederaufbau des Landes nötig", so Knapp. Niemand wisse mit Sicherheit, wie sich die politische Lage in Syrien in naher Zukunft weiterentwickeln wird, "aber wir haben die Hoffnung, dass die Menschen die Chance auf Frieden nutzen".
Die Caritas unterstütze seit 30 Jahren mit vielen Projekten die Bevölkerung vor Ort, "und wir möchten die Menschen in Syrien dabei begleiten, eine stabile und friedliche Zukunft aufzubauen", so Knapp. Um die Grundbedürfnisse von Millionen von Menschen im ganzen Land abzudecken und mit dem Wiederaufbau Syriens zu beginnen, würden massive Hilfsmaßnahmen erforderlich sein. "Dafür bitten wir um Spenden und werden uns weiterhin aktiv im Rahmen der so dringend notwendigen humanitären Hilfe in Kooperation mit unserem Partner-Netzwerk einsetzen."
Der Syrien-Krieg stelle nach wie vor eine der größten humanitären Krisen der Welt dar. Er hinterließ zwölf Millionen Vertriebene, davon 6,8 Millionen Binnenvertriebene in Syrien und 5,4 Millionen in Nachbarländern wie der Türkei, Jordanien und dem Libanon. 16,7 Millionen Menschen in Syrien, das entspricht 78 Prozent der Bevölkerung, benötigen offiziellen Angaben zufolge humanitäre Hilfe. 14,6 Millionen Menschen in Syrien sind von Ernährungsunsicherheit betroffen. Zusätzlich leide die syrische Zivilbevölkerung unter den strikten Sanktionen, die dem Land im Zuge des Syrienkonflikts auferlegt wurden, so der Caritas-Auslandshilfechef, und weiter: "Was wir jetzt brauchen, sind neben der humanitären Unterstützung auch weiterhin und vermehrt Investitionen in die langfristige soziale und wirtschaftliche Entwicklung Syriens, damit sich die Lage vor Ort stabilisiert. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, sondern erfordert Ausdauer und planbare Projekte zur Unterstützung der Bevölkerung."
Infos und Spenden: www.caritas.at/syrien
Quelle: Kathpress