"Theologie braucht die Frauen"
Theologin Bruckner für mehr Vielfalt
"Theologie braucht die Frauen"
Theologin Bruckner für mehr Vielfalt
Neue Impulse für den weltweiten Synodalen Prozess in der Kirche erwartet sich die in Rom lehrende österreichische Theologin Prof. Isabella Bruckner von einem großen internationalen Theologie-Kongress, der am Montag in Rom beginnt. 500 Teilnehmende aus allen Kontinenten - neben Theologinnen und Theologen auch Fachleute anderer Disziplinen - kommen an der Päpstlichen Lateran-Universität zusammen. Thema der Tagung: "Die Zukunft der Theologie. Erbe und Visionen." Die Theologie müsse internationaler und auch weiblicher werden, betonte Bruckner im Interview mit Kathpress.
Im Rom werde zwar ohnehin schon viel von Weltkirche spürbar, doch mit dem Kongress gehe man noch einen Schritt weiter. Sie erwarte sich einen Austausch auf Augenhöhe darüber, "wie man Theologie betreibt, welche Autoritäten man dafür in Anspruch nimmt, zu wem man spricht und auf welche Fragen Theologie in der jeweiligen politischen, kulturellen und geschichtlichen Situation Antworten sucht". Bruckner erwartet einen spannenden Austausch, der durchaus auch das Potenzial der Verunsicherung in sich berge.
Kirche funktioniere in anderen Erdteilen zum Teil eben auch anders. "Welche Erfahrungen und Herausforderungen gibt es mit dem christlichen Erbe in aller Welt? Wie geht man aber etwa auch mit Kriegen, mit der Klimakrise, mit anderen Religionen oder auch mit der Säkularisierung um?", nannte Bruckner einige Fragen, die sicherlich beim Kongress eine Rolle spielen werden.
Eröffnet wird die Tagung am Montagvormittag mit einer Audienz bei Papst Franziskus. Danach wird sich die Konferenz in einem ersten inhaltlichen Teil unter dem Titel "Wo" mit den "Orten der Theologie" beschäftigen. Dabei werden Vertreterinnen und Vertreter von allen Kontinenten zu hören seien. Unter dem Titel "Wie" treten in einem zweiten Teil der Tagung Theologinnen und Theologen in einen Dialog mit Fachleuten aus Musik, Literatur, Film und Physik. Auch Papst Franziskus spreche sich immer wieder dafür aus, dass die Theologie stärker in Kontakt mit anderen Wissenschaften tritt, erinnerte Bruckner.
Der dritte Abschnitt "Warum" behandelt schließlich die Relevanz der Theologie für die Welt. Zu den Vortragenden gehört aus Österreich die Theologin Isabella Guanzini von der Katholischen Privat-Universität Linz (KU Linz). Mit dabei sind aus Österreich neben Prof. Bruckner u.a. auch die Pastoraltheologin Regina Polak und der Wiener Sozialethiker Alexander Filipovic.
Anliegen bei der Weltsynode
Im Blick auf den Synodalen Prozess erinnerte Bruckner daran, man bekomme von verschiedener Seite immer wieder zu hören, dass die Theologie in diesem Prozess eine zu geringe Rolle spiele. Nicht zuletzt deshalb wolle man mit dem Kongress auch einen entsprechenden Beitrag leisten. Bruckner würdigte in diesem Zusammenhang auch die Bereitschaft der Verantwortlichen im Vatikan, die zu dem Kongress geladen hatten, zuzuhören.
Methodisch nehme man beim Kongress Anleihen von der jüngsten Weltsynode. Es gehe sehr viel um gegenseitiges Zuhören, die Debatten kämen zwar auch vor, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt im Programm. Auch für Theologinnen und Theologen eine vielleicht neue Erfahrung: "Man muss lernen, andere Meinungen auszuhalten und stehen und wirken zu lassen, die eigenen Positionen nicht gleich zu verteidigen." Zeiten der Stille seien beim Kongress deshalb auch sehr wichtig, so Bruckner.
"Die Theologie braucht die Frauen"
Weniger für Europa, aber in anderen Erdteilen durchaus eine ernst zu nehmende Frage: "Soll das Studium der Theologie auf kirchliche Amtsträger beschränkt sein, oder muss die theologische Bildung wesentlich weiter gedacht werden?" Bruckner kam in dieser Hinsicht auch auf ihre Erfahrungen mit Ordensgemeinschaften zu sprechen. Auch hier habe sie in der Vergangenheit erfahren, dass es sehr viel selbstverständlicher sei, dass Ordensmänner Theologie studieren als Ordensfrauen. Fazit: "Die Theologie braucht die Frauen."
Auch an der Zahl der Vortragenden beim Kongress merke man natürlich, dass Frauen in der Theologie nach wie vor unterrepräsentiert sind. "Aber die Organisatoren haben sich auf jeden Fall bemüht", würdigte die Theologin.
Isabella Bruckner ist seit 2022 Inhaberin des Lehrstuhls "Christliches Denken und spirituelle Praxis" am Päpstlichen Athenäum Sant'Anselmo in Rom. Im Blick auf die Theologie in Rom räumte Bruckner ein, dass die Internationalität bei den Studierenden weit größer sei als bei den Lehrenden. Bei Letzteren sei immer noch eine gewisse Euro-Zentriertheit gegeben. Freilich verändere sich dies allmählich. "Solche Prozesse brauchen aber einfach Zeit."
An Sant'Anselmo schätze sie unter anderem die Verbindung von Kloster und Universität. Sie habe große Freiräume, gehöre keiner der drei Fakultäten an, sondern bewege sich mit ihrer Lehre und Forschung mit und zwischen allen. Sie hob auch die vielen internationalen und interkulturellen Erfahrungsmöglichkeiten hervor. "Wenn man länger hier in Rom ist, lernt man diese Weltkirche viel besser verstehen." Viele Frauen als Lehrende finde man aber auch in Sant'Anselmo nicht. Sie sei zwar nicht die einzige lehrende Frau, "aber allzu viele gibt es noch nicht".
Quelle: Kathpress