P. Eckerstorfer: Ordensberufungen auch heute noch "Zeichen der Zeit"
Zu einem neuen Blick auf Neueintritte in Ordensgemeinschaften hat der Benediktiner und Theologe P. Bernhard Eckerstorfer aufgerufen. Man werde jungen Ordensleuten nicht gerecht, wenn sie ständig im Licht der "allseits bekannten und in der Tat exorbitanten Zahlenverschiebungen der Ordenslandschaft" gesehen werden, schrieb der dem oberösterreichischen Stift Kremsmünster angehörende Priester und Rektor der Benediktiner-Hochschule Sant'Anselmo in Rom in einem aktuellen Beitrag für das Herder-Portal "COMMUNIO". Berufungen zum Ordensleben seien als "Signale für neue Wege in die Zukunft" zu sehen, statt bloß mit der Vergangenheit zu vergleichen.
Zwar mache die Altersstruktur und der zahlenmäßige Rückgang in den Ordensgemeinschaften sehr wohl eine Neuorganisation kleinerer Gemeinschaften und auch "Prozesse der Auflösung" vonnöten, räumte Eckerstorfer ein. Mindestens ebenso viel Energie sollte jedoch auch dafür verwendet werden, "junge Menschen anzuziehen und für sie eine gute Formation bereitzustellen". Statt allein die Abwärtsspirale zu betonen und danach zu fragen, wie viele im Vergleich zu früher noch in einen Orden eintreten, gelte es "die neue Situation zu akzeptieren und zu sehen, welche Anziehungskraft das gottgeweihte Leben heute ausübt".
Eckerstorfer stützte sich dabei auf mehrere soziologische Studien aus der Ordenswelt, darunter eine vom Center for Applied Research in the Apostolate (CARA) der Georgetown University in Washington. In zwei Befragungen aller Ordens-Neuzugänge der USA der jeweils vorausgegangenen 15 Jahre, durchgeführt 2009 sowie auch 2020, habe sich gezeigt, dass Berufungen vor allem dadurch motiviert seien, "mit Gleichgesinnten das eigene Leben zu vertiefen". Dabei hätten sich die unterscheidbare Lebensweise, die Liturgie und der spirituelle Fortschritt als wichtiger denn die konkreten Aufgabenfelder gezeigt, sogar bei den jungen Mitgliedern apostolischer Orden.
Neue Berufungskultur nötig
Zur Zeit von beiden Studien habe es in den USA mehr Ordensleute über 90 Jahren als unter 30 Jahren gegeben, bemerkte der 53-jährige Benediktinermönch. Hinweise darauf hätten die Studienautoren bei der Ergebnispräsentation dennoch bewusst vermieden, da sie die Aufmerksamkeit nicht darauf lenken wollten. Interessant seien nämlich auch andere quantitative Daten: Etwa, dass das durchschnittliche Ordens-Eintrittsalter von 2009 bis 2020 bei Männern von 30 auf 28 und bei Frauen von 32 auf 29 Jahre gesunken war. Aktuell sei die Hälfte aller in den USA vor der Ausbildung vor den Ewigen Gelübden stehenden Ordensleute noch nicht 30 Jahre alt, betonte Eckerstorfer.
Eine "frische Sicht" gebracht hätten weiters auch in Frankreich 2016 durchgeführte Befragungen der Bevölkerung über die Wahrnehmung des Ordenslebens sowie unter neuen Mitgliedern der Orden. Durchaus sei hier von einer "Anziehungskraft" des geweihten Lebens die Rede gewesen und davon, dass sich die Kirche "von einer vergleichenden Rückschau auf vergangene Zeiten befreien" müsse. Vielmehr gelte es zu sehen, "was neu im Entstehen sei und wie das Ordensleben in Frankreich gerade auch junge Menschen fasziniert", zitierte Eckerstorfer die damalige Berufungspastoral-Direktorin der französischen Bischofskonferenz, Sr. Nathalie Becquart, mittlerweile einflussreiche Untersekretärin des ständigen Synoden-Sekretariats im Vatikan.
Das von ihm skizzierte Profil gelte nicht für den Ordensnachwuchs weltweit, sondern nur für den westlichen Kulturkreis, bemerkte Eckerstorfer; bei Kollegen aus Afrika, Lateinamerika und Asien seien ganz andere Fragestellungen vordergründig, so die Erfahrung des Rektors von Sant'Anselmo mit Studierenden aus 70 Nationen. Zumal heute junge Ordensleute morgen ihre Gemeinschaften prägen und nach außen hin darstellen würden, seien die angeführten Studien dennoch als Aufforderung zu verstehen: Zu schaffen gelte es eine "Berufungskultur, in der mit Sensibilität und einem hohen Grad an Reflexion die Bedingungen untersucht und geschaffen werden, die jungen Menschen ermöglichen, ihren Weg der religiösen Ganzhingabe zu gehen", so der Ordensmann.
Quelle: kathpress