Missionstag der Orden nimmt interkulturelles Zusammenleben in Blick
Über das "Ankommen" in der Gesellschaft und Voraussetzungen für ein gelingendes Zusammenleben verschiedener Kulturen wurde am Mittwoch beim "Missionstag" der Orden im Wiener Kardinal-König-Haus diskutiert. Das Treffen, an dem 50 Verantwortliche aus missionierenden Ordensgemeinschaften im Rahmen der diesjährigen Ordenstagungen teilnahmen, stand unter dem Motto "Künstlerinnen und Künstler des Möglichen". Im Fokus stand das Engagement von Ordensleuten in interkulturellen Projekten und die Begleitung "suchender Menschen".
Die Perspektive geflüchteter Menschen brachte der bosnische Politologe Vedran Dzihic ein, der als Kind mit seiner Familie über Kroatien und Ungarn nach Österreich floh und 1993 im verschneiten Flüchtlingslager Traiskirchen ankam. Sein im Krieg erschütterter Glaube an die Menschheit sei für ihn als 16-Jähriger durch solidarische Gesten anderer Schutzsuchender und das damalige Lichtermeer in Wien wieder gestärkt worden, erklärte Dzihic. Für Geflüchtete bedeute das Ankommen nicht nur Umsiedlung, sondern vielmehr "Suche nach einem Platz in der Welt, in dem sie als Mitmenschen akzeptiert und geschätzt werden und in der die Gesellschaft bereit ist zu helfen".
Der Diskurs über die "Anderen" habe sich verändert, sagte Dzihic, der inzwischen Senior Researcher am Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip) und Lektor an der Universität Wien ist und seine Erfahrungen im Buch "Ankommen" verarbeitet hat. Die Menschlichkeit habe sich radikal verschoben, "hin zu einer Ablehnungshaltung und einer Politik der Angst". Dieser "toxischen Politik" müsse "ein neues, solidarisches 'Wir' gegenüberstehen, das mutig, konstruktiv und zugleich zart" sei, so der Politologe und Autor. Zumal Demokratie und Menschenrechte nicht garantiert seien, sei es nötig, "angestrengt für eine alternative Vision des Gemeinsinns zu kämpfen".
Kulturwechsel braucht Zeit
Über Voraussetzungen für ein gelingendes interkulturelles Zusammenleben sprach der aus Ghana stammende Provinzial der Steyler Missionare in Deutschland, P. Peter Claver Narh. Verständnis für grundlegende Kulturunterschiede - wie etwa, dass es individualistische und kollektivistische Gesellschaften sowie unterschiedliche Kommunikationsgewohnheiten gibt - sei wichtig. Ebenso entscheidend sei es jedoch, fremde Menschen nicht nur oberflächlich kennenzulernen, sondern tiefergehend "begreifen" zu wollen. Personen, die in ein fremdes Land kommen, sollte man zudem Zeit zum "Ankommen" geben - "idealerweise rund ein halbes Jahr", so die Empfehlung des Ordensmannes.
Keine vorschnellen Antworten
Über die Kunst des Zuhörens hörte man beim Missionstag von der Leiterin der "Gesprächsinsel", Verena Osanna. Die seit Jahresbeginn in alleiniger Trägerschaft der Orden geführte Seelsorge- und Beratungseinrichtung an der Wiener Freyung sei ein "Ort der Begegnung und des Austauschs" und biete den Rahmen für ein vertrauliches, kostenloses Gespräch, so die diplomierte Ehe-, Familien- und Lebensberaterin. Veränderung könne dabei geschehen, deren Kern das "echte, aufmerksame Zuhören mit allen Sinnen" sei.
Einige Grundsätze für gelingendes Begleiten laut Osanna: Man sollte "dumm, langsam und faul" sein in der Weise, dass erstens gefragt und der Raum für Antworten anderer offen gehalten wird, zweitens das Gegenüber das Tempo bestimme und drittens der bzw. die Betroffene selbst Lösung und Richtung finden sollte. Dem Drängen nach schnellen Antworten und Lösungen oder nach der Übernahme der Gesprächsführung gelte es zu widerstehen und stattdessen Geduld zu üben. "Indem wir den göttlichen Raum eröffnen, kann eine tiefere Dimension des Zuhörens und der Feinfühligkeit kultiviert werden", so Osanna.
Missionare in Österreich
Ergänzt wurden die Ausführungen durch Erfahrungsberichte von den in Dornbirn wirkenden Steyler Missionaren P. Inosens Reldi aus Indonesien und P. Delfor Nerenberg aus Argentinien, der gebürtigen Siebenbürgerin Sr. Silvia Bereczki, Provinzoberin der Kongregation der Helferinnen, sowie der aus Nigeria stammenden Ordensfrauen Sr. Colette Onyeocha und Sr. Caroline Ibeh von der Kongregation der Töchter Mariens, Mutter der Barmherzigkeit. Berichte von Anja Appel von der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO) und Sr. Anneliese Herzig, Bereichsleiterin für Mission und Soziales der Ordenskonferenz, rundeten die Tagung ab. (Infos: www.ordenskonferenz.at)
Quelle: kathpress