P. Georg Sporschill mit Martin-Buber-Plakette ausgezeichnet
Die erste Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Sabine Verheyen, hat bei einer Preisverleihungsfeier in Kerkrade (Niederlande) den österreichischen Jesuiten und Pionier der Hilfe für Straßenkinder und Romafamilien in Rumänien, P. Georg Sporschill, als "lebendiges Beispiel" für die Verwirklichung der Werte Martin Bubers bezeichnet. Sporschill ist diesjähriger Preisträger der Martin-Buber-Plakette der Stiftung "Euriade". Die "Euriade"-Ehrennadel erhielt die Leiterin der "Sozialen Werke Elijah", Ruth Zenkert, in deren Projekte Sporschill eingebunden ist. Die Preise wurden am 22. November verliehen.
Verliehen wird die Plakette seit 2002, bisher etwa an den letzten Präsidenten der UdSSR, Michail Gorbatschow, der für einen friedlichen Wandel stand, und an den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. In den Werken Martin Bubers (geboren 1878 in Wien, gestorben 1965 in Israel) geht es um den allgegenwärtigen "Ich-Du"-Dialog des Menschen mit Gott und, von diesem Urdialog abgeleitet, mit den Mitmenschen.
Nachhaltige Veränderungen als Ziel
Wer Georg Sporschill begegne, erkenne schnell, was er habe, nämlich "bewundernswerte Energie und einen unermüdlichen Tatendrang, der ansteckend ist. Er strahlt so viel Herzenswärme aus, verbunden mit einer tiefen Güte und einem Optimismus, der keine Grenzen kennt", so Verheyen in ihrer Laudatio: "Es ist schwer, jemanden zu finden, der diese Werte nicht nur predigt, sondern sie im Alltag so authentisch lebt. Genau das macht ihn zu einem Vorbild, das uns alle inspiriert."
Martin Bubers Haltung des "Ich-Du"-Dialogs habe zum Inhalt, dass wahre Menschlichkeit in der Begegnung, im aufrichtigen Zuhören und in der gegenseitigen Anerkennung bestehe. Georg Sporschill zeige, so die deutsche EU-Abgeordnete, "wie diese Werte in die Tat umgesetzt werden, denn für ihn ist der 'Ich-Du'-Dialog keine abstrakte Theorie, sondern er lebt diese Philosophie wahrhaftig und mit ganzem Herzen, als Jesuit, Sozialarbeiter und Seelsorger". Seit Jahrzehnten sei er "unermüdlich im Dienst der Schwächsten tätig".
Sporschill gehe es nicht um kurzfristige Erfolge, sondern seine Arbeit zeichne sich durch langfristiges Engagement aus. So würden die Roma-Familien direkte und nachhaltige Hilfe zur Verbesserung der Lebensumstände bekommen, um aus dem tiefen Elend herauszukommen, in das sie seit Generationen hineingeraten seien: "Es geht darum, rumänischen Familien die Möglichkeit zu geben, ihre Lebensbedingungen eigenständig zu verbessern und so ihr Leben nachhaltig zu verändern."
Neben Sozialzentren, Musikschulen, Schülerwohnheimen und Familienhäusern könnten in sogenannten Gemeinschaftsräumen Kinder und Familien zusammenkommen. "Sie tauschen sich aus und unterstützen sich gegenseitig. Das stärkt nicht nur die individuelle Resilienz, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl", da es in den Einrichtungen der "Sozialen Werke Elijah" für Romafamilien "nie um bloße Wohltätigkeit geht", erläuterte die Politikerin.
Bürgermeisterin: Respekt und Freundschaft zentral
"Euriade"-Vorstand Werner Janssen bezeichnete den Vorarlberger Seelsorger und Sozialarbeiter als "Symbol der Menschlichkeit", als einen Mann, der vorlebt, wie es gelingen kann, "seinen Weg in Liebe und Verbundenheit mit den anderen zu gehen".
Petra Dassen-Housen, Bürgermeisterin von Kerkrade, nannte Sporschill eine Quelle der Inspiration für gelebten Respekt und Freundschaft: "Durch ein solches Mitmenschlich-Sein kann die Welt ein bisschen schöner werden."
Ehrung "gebührt den Schützlingen"
Der Träger der Martin-Buber-Plakette sah seine "Heiligsprechung bei lebendigem Leib auch als Aufforderung, unsere Ziele weiter zu verfolgen und zu kämpfen". Die ihm zuteil gewordene Ehrung gebühre in erster Linie seinen Schützlingen, "die oft ohne Ehre dahinvegetieren müssen". Aber: "Sie sind keine Pflegefälle, alle müssen mithelfen." Das habe er als eines von neun Kindern in seinem Elternhaus auch so erlebt und gelernt: mithelfen und Danke sagen.
Die seit 30 Jahren an der Seite Georg Sporschills wirkende Religionspädagogin Ruth Zenkert, Leiterin von "Elijah", erhielt von Werner Janssen die "Euriade"-Ehrennadel. Sporschill erzählte, sie habe es geschafft, einen jungen Mann dazu zu bringen, während eines Jahres jeden Tag zwei Bilder über sein Leben zu malen - ein Leben im Kinderheim, auf den Straßen, im Bahnhof, in Sozialzentren, in Gefängnissen. Aus diesen Bildern und Texten, die der junge Mann namens Moise seiner Mentorin Ruth Zenkert diktierte, weil er nicht schreiben könne, entstand das Buch "Moise, mein Freund". Sporschill: "Dieses Buch mit Hunderten farbigen Bildern zeigt alle Höhen und Tiefen von Moises Leben - mit viel Witz gezeichnet und von entsprechenden Kommentaren begleitet." Und es sei eine Liebeserklärung an Ruth Zenkert.
Georg Sporschill
Georg Sporschill (78 Jahre) ist als fünftes von neun Kindern in Feldkirch, Vorarlberg, geboren; er ist Jesuit und Sozialseelsorger. Er studierte Theologie, Pädagogik und Psychologie, 1976 trat er in den Jesuitenorden ein und wurde zwei Jahre später in Wien zum Priester geweiht.
Ab 1980 galt sein Engagement strafentlassenen, drogensüchtigen und obdachlosen Jugendlichen in Wien. 1991 ging Sporschill im Auftrag seines Ordens nach Bukarest, um rumänischen Straßenkindern zu helfen. Gemeinsam mit Ruth Zenkert, einer deutschen Religionspädagogin, gründete er Kinderhäuser, Sozialzentren, Musikschulen und soziale Wohngemeinschaften.
Auch in der Republik Moldau sowie in Bulgarien riefen sie große Hilfsprojekte ins Leben. Die Projekte Concordia und Elijah wurden zu Modellen für Sozialarbeit. Heute lebt Pater Sporschill mit den Ärmsten der Armen in Bukarest und kümmert sich unter anderem um die Obdachlosen am Nordbahnhof.
Quelle: kathpress