Neues Grundlagenwerk über die katholischen Ostkirchen erschienen
Vor 60 Jahren, am 21. November 1964, wurde das Ostkirchendekret "Orientalum Ecclesiarum" des Zweiten Vatikanischen Konzils von Papst Paul VI. in Kraft gesetzt. Damit erfuhr das reiche ostkirchliche Erbe innerhalb der katholischen Kirche eine besondere Wertschätzung. 16 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben das Jubiläum zum Anlass genommen, um in der neuen Publikation "Die katholischen Ostkirchen" Herkunft, Geschichte und Gegenwart dieser Kirchen darzustellen.
Ein erster Teil behandelt grundsätzliche Fragen bzw. Querschnittsmaterien zu den mindestens 23 katholischen Ostkirchen, die es derzeit gibt. In einem zweiten Teil werden die einzelnen Kirchen vorgestellt. Wobei schnell deutlich wird, dass neben grundsätzlich offenen theologischen, ekklesiologischen, kirchenrechtlichen und ökumenischen Fragen auch über die Zahl dieser Kirchen unterschiedliche Ansichten vorzufinden sind.
Als katholische Ostkirchen werden eigenständige Kirchen ("Ecclesiae sui iuris"- Kirchen eigenen Rechts) bezeichnet, die aus Ortskirchen des östlichen Christentums entstanden sind, also aus orthodoxen oder orientalisch-orthodoxen Kirchen, und im Laufe der Zeit mit Rom eine Union eingegangen sind.
Alle katholischen Ostkirchen anerkennen den Papst als Oberhaupt, sie besitzen aber zugleich unterschiedlich ausgeprägte innerkirchliche autonome Rechte. Sie haben ihr eigenes Kirchenrecht, festgehalten im 1990 erschienenen Codex Canonum Ecclesiarum Orientalum (CCEO) und erweitert um jeweils spezifische eigene Regelungen. Die katholischen Ostkirchen feiern ihre Gottesdienste nach ihrem eigenen Ritus. Dieser kann byzantinisch, westsyrisch, ostsyrisch, koptisch oder armenisch sein. In fast allen katholischen Ostkirchen gibt es verheiratete Priester, die Sakramentenpraxis unterscheidet sich in einigen Details von jener in der römisch-katholischen Kirche, teilweise gibt es auch unterschiedliche theologische Lehrinhalte.
Gerade durch die Migrationsbewegungen der letzten zehn Jahre - ausgelöst vor allem auch durch die dramatische Situation im Nahen Osten und in der Ukraine - sind viele Gläubige katholischer Ostkirchen in den Westen gekommen, was große Herausforderungen für diese Kirchen in der sogenannten Diaspora mit sich gebracht, zugleich aber auch ihre Bekanntheit gesteigert hat.
Die Kirchen werden entsprechend ihrem Status als Patriarchatskirchen (mit einem Patriarchen an der Spitze), Großerzbischöfliche Kirchen (mit einem Großerzbischof an der Spitze) Metropolitankirchen (mit einem Metropoliten an der Spitze), sowie in Eparchie- bzw. Exarchatskirchen und solche ohne eigenständige Hierarchie eingeteilt. Gerade im Blick auf Letzteren gibt es keine rechtsverbindliche Aufzählung der Kirchen, weshalb die Zahl 23 auch nicht ganz eindeutig ist. Manche Experten setzen sie höher an.
Eine kirchenrechtliche wie auch pastorale Besonderheit sind zudem sogenannte Ostkirchenordinariate, in denen in westlichen Ländern einige der Ostkirchen zusammengefasst sind und unter der Letztverantwortung eines römisch-katholischen Ortsbischofs stehen. Ein solches Ostkirchenordinariat besteht in Österreich, in ähnlicher Form auch in Argentinien, Brasilien, Frankreich, Griechenland, Rumänien und Spanien.
Als Herausgeber des neuen Handbuchs "Die katholischen Ostkirchen" fungieren, Prof. Christian Lange von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Paris Lodron Universität Salzburg, Prof. Dietmar Winkler, Prof. Karl Pinggera von der Philipps-Universität Marburg sowie Prof. Hacik Gazer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Zu den Autorinnen und Autoren mit Österreich-Bezug gehören Prof. Thomas Nemeth von der Universität Wien, die in Regensburg lehrende Wiener Ostkirchenexpertin Andrea Riedl, der Grazer Liturgiewissenschaftler Prof. Erich Renhart sowie der Linzer Kirchenrechtler Prof. Andreas Graßmann.
Österreichisches Ostkirchenordinariat
In Österreich gibt es für die katholischen Ostkirchen ein eigenes Ordinariat. Diesem gehören rund 20.000 Gläubige unterschiedlicher Kirchen an. Die Ukrainische Griechisch-katholische Kirche ist die mit Abstand größte byzantinische katholische Ostkirche in Österreich. Es gibt zudem auch Gemeinden der Rumänischen, Slowakischen und Melkitischen Griechisch-katholischen Kirche sowie vereinzelt Gläubige der Griechisch-katholischen Kirche in Ungarn, der Griechisch-katholischen Kirche in Serbien (Eparchie Sankt Nikolaus Ruski Krstur) sowie der griechisch-katholischen Eparchie von Mukachevo (Ukraine).
Zu diesen byzantinischen katholischen Ostkirchen kommen in Österreich auch noch einige orientalische katholische Ostkirchen (Maronitische Kirche, Armenisch-Katholische Kirche, Chaldäische Kirche, Syro-Malankarische Kirche, Syro-Malabarische Kirche).
Dem Ordinariat gehören derzeit rund 80 Priester an. Es gibt die Zentralpfarre St. Barbara in Wien und rund 35 Seelsorgestellen, verteilt auf ganz Österreich. Der jeweilige Erzbischof von Wien - derzeit Kardinal Christoph Schönborn - steht den katholischen Ostkirchen als Ordinarius vor. Er trägt damit die bischöfliche Letztverantwortung. Generalvikar des Ordinariats ist Erzpriester Yuriy Kolasa, der der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche angehört.
Alle Gottesdienste der katholischen Ostkirchen stehen auch den Katholiken des lateinischen Ritus offen. Ein Teil der Priester der katholischen Ostkirchen in Österreich hat zudem auch die Erlaubnis, aus seelsorglichen Gründen die Sakramente im lateinischen Ritus zu feiern und zu spenden. (Infos: www.katholischeostkirchen.at / Literaturhinweis: Christian Lange, Dietmar W. Winkler, Karl Pingera, Hacik Gazer (Hg): Die katholischen Ostkirchen. Verlag Herder, Freiburg 2024)
Quelle: kathpress