Wiener Ostkirchentagung: Aufruf zum gemeinsamen christlichen Zeugnis
Am Donnerstag und Freitag tauschen sich in Wien internationale Expertinnen und Experten über die Stellung der katholischen Ostkirchen innerhalb der katholischen Kirche sowie ihre ökumenische Rolle im katholisch-orthodoxen Dialog aus. Der Wiener Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa rief eingangs der Tagung dazu auf, in den Beziehungen der katholischen Ostkirchen zu den orthodoxen wie auch zur römisch-katholischen Kirche Vorurteile abzubauen und sich auf das gemeinsame christliche Zeugnis in der Gesellschaft zu konzentrieren.
Weltweit gibt es 23 katholische Ostkirchen. Sie anerkennen den Primat des Papstes und stehen in voller Glaubens-, Gebets- und Sakramentengemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche. Zugleich feiern sie ihre Gottesdienste im byzantinischen oder einem orientalischen Ritus und haben auch weitere eigene Traditionen sowie ein eigenes Kirchenrecht.
Die einzigartige Stellung der katholischen Ostkirchen bringe sie manchmal auch in eine "missverstandene Rolle", so Kolasa in seinem Grußwort. Anstatt als Vermittler zwischen lateinischer und orthodoxer Kirche anerkannt zu werden, "werden wir von unseren Brüdern im lateinischen Ritus und den orthodoxen oder orientalischen Kirchen häufig als Hindernis wahrgenommen, die uns durch eine Brille sehen, die durch historische, theologische und kulturelle Unterschiede geprägt ist".
Die katholischen Ostkirchen wollten sich davon aber nicht entmutigen lassen: "Unser Ziel ist es, als eine Gemeinschaft zu dienen, in der Menschen dem lebendigen Christus begegnen können, und eine echte Erfahrung des Glaubens und der Gemeinschaft zu fördern", so Kolasa. "Wenn ich mich mit meinen Brüdern im lateinischen Ritus treffe, versuche ich nicht, meine ganze Energie dahingehend zu verwenden, meine katholische Identität zu beweisen. Und wenn ich mich mit meinen orthodoxen oder orientalischen Brüdern treffe, versuche ich auch nicht, sie von meiner Übereinstimmung mit ihren liturgischen und theologischen Traditionen zu überzeugen. Vielmehr möchte ich meine Erfahrung der Begegnung mit Christus weitergeben."
Der Ostkirchen-Generalvikar zeigte sich überzeugt, dass es auf diese Weise möglich sei, Vorurteile und mögliche Ablehnungen zu überwinden "und einen Dialog auf einer grundlegend anderen und sinnvolleren Ebene in Gang zu setzen".
Wunsch nach gemeinsamem Ostertermin
Der ukrainische griechisch-katholische Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk sandte ein Grußwort an die Teilnehmenden der Tagung, in dem er das Bemühen um weitere ökumenische Fortschritte würdigte. Er hob u.a. positiv hervor, dass Papst Franziskus den Titel "Patriarch des Westens" wieder angenommen hat. Auch das jüngste vatikanische Ökumene-Dokument "Der Bischof von Rom" sei sehr hilfreich. Hoffnungen setzte das Oberhaupt der Ukrainisch-griechisch-katholischen Kirche auch in das Jubiläum 1.700 Jahre Konzil von Nicäa 2025. Die Beschlüsse des Konzils aus dem Jahr 325 werden von allen Kirchen mitgetragen.
Er würde es zudem sehr begrüßen, so Schewtschuk, wenn katholische und orthodoxe Christen künftig stets am gleichen Datum Ostern feiern würden. Das wäre ein wesentlicher Schritt auf dem Weg hin zur Kircheneinheit.
"A Mission of Unity and Catholicism"
Die Wiener Konferenz ist Teil eines größeren Projekts mit dem Titel: "Eastern Catholic Churches: A Mission of Unity and Catholicism". Das Projekt umfasst drei internationale Konferenzen. Die Tagung in Wien schließt diese Serie ab.
Neben Großerzbischof Schewtschuk und Generalvikar Kolasa richteten auch Prof. Andrea Lehner-Hartmann, Dekanin der Wiener Katholisch-theologischen Fakultät, und Prof. Iwan Dacko, Präsident des Instituts für Ökumenische Studien an der Katholischen Universität Lviv, Grußworte an die Teilnehmenden. Zu den Vortragenden gehören u.a. P. Hyacinthe Destivelle vom vatikanischen Ökumene-Dikasterium, der libanesische melkitische Priester und Theologe Prof. Gabriel Hachem, der Lemberger Kirchenhistoriker Prof. Oleg Turiy und die Lemberger Religionswissenschaftlerin Iryna Fenno.
Die Tagung wird vom Fachbereich für Theologie und Geschichte des christlichen Ostens der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien mit dem Institut für Ökumenische Studien der Ukrainischen Katholischen Universität in Lviv organisiert. Der Titel der (englischsprachigen) Tagung: "The Place of the Eastern Catholic Churches in the Communio Ecclesiarum and Their Relations with the Roman Catholic Church in the Perspective of Dialogue with Orthodoxy".
Partner der Konferenz sind neben der Stiftung "Pro Oriente" das französische Hilfswerk "Oeuvre d'Orient" und die nordamerikanische CNEWA (Catholic Near East Welfare Association).
Katholisches Ostkirchenordinariat
In Österreich gibt es für die katholischen Ostkirchen ein eigenes Ordinariat. Diesem gehören rund 20.000 Gläubige unterschiedlicher Kirchen an. Die Ukrainische Griechisch-katholische Kirche ist die mit Abstand größte byzantinische katholische Ostkirche in Österreich. Es gibt zudem auch Gemeinden der Rumänischen, Slowakischen und Melkitischen Griechisch-katholischen Kirche sowie vereinzelt Gläubige der Griechisch-katholischen Kirche in Ungarn, der Griechisch-katholischen Kirche in Serbien (Eparchie Sankt Nikolaus Ruski Krstur) sowie der griechisch-katholischen Eparchie von Mukachevo (Ukraine).
Zu diesen byzantinischen katholischen Ostkirchen kommen in Österreich auch noch einige orientalische katholische Ostkirchen (Maronitische Kirche, Armenisch-Katholische Kirche, Chaldäische Kirche, Syro-Malankarische Kirche, Syro-Malabarische Kirche).
Dem Ordinariat gehören derzeit rund 80 Priester an. Es gibt die Zentralpfarre St. Barbara in Wien und rund 35 Seelsorgestellen, verteilt auf ganz Österreich. Der jeweilige Erzbischof von Wien - derzeit Kardinal Christoph Schönborn - steht den katholischen Ostkirchen als Ordinarius vor. Er trägt damit die bischöfliche Letztverantwortung. Generalvikar des Ordinariats ist Erzpriester Yuriy Kolasa.
Alle Gottesdienste der katholischen Ostkirchen stehen auch den Katholiken des lateinischen Ritus offen. Ein Teil der Priester der katholischen Ostkirchen in Österreich hat zudem auch die Erlaubnis, aus seelsorglichen Gründen die Sakramente im lateinischen Ritus zu feiern und zu spenden.