Stephansdom: Dankbares Gedenken an Körperspender
Zu einem Gottesdienst im Gedenken an verstorbene Körperspender haben die Medizinische Universität Wien und die katholische und evangelische Hochschulseelsorge in den Wiener Stephansdom geladen. Der ökumenische Gottesdienst am Donnerstagabend stand einerseits im Zeichen der Danksagung an die Verstorbenen, die ihren Körper der medizinischen Forschung gespendet haben, und war andererseits eine Gelegenheit für Angehörige, Wissenschaftler und Studierende, der Verstorbenen zu gedenken und ihnen Respekt zu erweisen.
Der katholische Hochschulseelsorger P. Simon De Keukelaere hob in seinen Begrüßungsworten das liebevolle Gedenken an die Verstorbenen hervor und unterstrich zugleich die christliche Hoffnung auf die Auferstehung.
Die evangelische Hochschulpfarrerin Katharina Payk hielt die Predigt. Die Verstorbenen, die sich zu Lebzeiten dazu entschieden, ihren Körper der Wissenschaft zu spenden, konnten den Zeitpunkt ihres Todes meist nicht selbst bestimmen. Eines konnten sie aber entscheiden: "Dass ihr Körper nach ihrem Tod als Geschenk dienen soll", würdigte die Pfarrerin die Verstorbenen.
Immer wieder höre sie von Angehörigen von Körperspendern, dass es ihnen schwergefallen sei, die Entscheidung ihrer Liebsten zu akzeptieren, so die Pfarrerin: "Vielleicht hilft es, an dieser Stelle Körperspenden als einen Teil der Zeit des Verstorbenen mit Gott zu verstehen."
Payk erzählte, dass auch sie um einen kürzlich verstorbenen Menschen trauere: "Dieser Mensch hat aus der kurzen Zeit, die er hatte, viel gemacht und sich viel eingesetzt." Er habe bei den Hinterbliebenen Spuren hinterlassen. Die Zeit der Hinterbliebenen mit den Verstorbenen sei nun "Erinnerung, sie ist Liebe und in unserem christlichen Zeitdenken ist sie ewig".
Die stellvertretende Leiterin des Institutes für Anatomie der medizinischen Universität in Wien, Lena Hirtler, betonte in ihren Begrüßungsworten die Wichtigkeit der Veranstaltung und ihre Freude, diesen Gottesdienst gemeinsam mit der katholischen und der evangelischen Hochschulgemeinde feiern zu dürfen.
Jedes Jahr lädt das Institut gemeinsam mit der Hochschulseelsorge zu diesem Gedenken. Heuer fand der Gottesdienst aufgrund des großen Andrangs zum zweiten Mal im Stephansdom statt.
Die Asche der verstorbenen Körperspender wird auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Gräberfeld bestattet. Am Donnerstagnachmittag fanden deshalb in der Gruppe 12A (historisches Ehrengrab, bis 1975) sowie in der Gruppe 26 (aktuelles Ehrengrab, seit 1975) Kranzniederlegungen mit stillem Gedenken statt.
Wien und die Geschichte der Anatomie
Im 15. Jahrhundert, zur Zeit der ersten Leichenöffnung in Wien (1404), gab es seitens der Kirche noch theologische Bedenken. Aus Sorge um die Unversehrtheit des menschlichen Körpers, die man für die Auferstehung notwendig erachtete, wurde vom Dompropst ein Obduktionsverbot ausgesprochen. Dennoch wurde von den Brüdern des Hl. Geistes, die sich hauptsächlich der Krankenpflege widmeten, die ersten Obduktionen durchgeführt, was durch ihre Unabhängigkeit vom Domkapitel möglich war. 1749 ermöglichten die Jesuiten an der Universität Wien den Beginn des anatomischen Wissenschaftsbetriebs in Wien.
Die Zahl der Menschen, die daran interessiert sind, ihren Körper post mortem der Anatomie zur Verfügung zu stellen, ist anhaltend groß, obwohl damit seit 2004 ein Kostenbeitrag verbunden ist. Der Entschluss kann zu Lebzeiten von der interessierten Person widerrufen werden, Angehörige haben allerdings kein Mitspracherecht.
Quelle: kathpress