Caritas: Armut ist in Österreich vor allem weiblich und jung
336.000 Menschen in Österreich gelten als absolut arm, 1,3 Millionen sind armutsgefährdet. Vor allem Frauen sind davon betroffen. Und hier vorwiegend Alleinerzieherinnen und Pensionistinnen. Das Armutsrisiko steigt zudem deutlich an, wenn auch eine psychische Erkrankung vorliegt. Die Caritas der Diözese St. Pölten und die Caritas der Diözese Gurk haben darauf am Mittwoch bei Pressekonferenz aufmerksam gemacht, Hilfsaktivitäten vorgestellt und um Spenden gebeten.
"35 Prozent mehr Frauen als Männer sind von absoluter Armut betroffen. Darüber hinaus sind 41 Prozent der Alleinerzieherinnen armutsgefährdet", so der St. Pöltner Caritasdirektor Hannes Ziselsberger. Ein Umstand, den die Caritas auch in ihren Sozialberatungsstellen bemerke. Seit der hohen Inflation bleibe die Nachfrage nach Hilfe und Unterstützung hoch. "Auch in diesem Jahr werden es an die 20.000 Kontakte sein, die wir in unseren Sozialberatungs- und Nothilfestellen in der Diözese St. Pölten verzeichnen", so der Caritasdirektor: "Zwei Drittel der Menschen, die bei uns Hilfe suchen, sind Frauen, fast 20 Prozent sind Alleinerzieherinnen."
Viele Menschen seien durch Überlastung und Überforderung an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit oder bereits so krank, dass sie vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr ausreichend leistungsfähig sind. "Psychische Erkrankungen sind kaum sichtbar und leider immer noch von einer Stigmatisierung betroffen", hielt Ziselsberger bei der Pressekonferenz in St. Pölten fest.
In die gleiche Kerbe schlug auch Sandra Noe-Nordberg, Diplomierte Krankenpflegerin und Betreuerin beim Psychosozialen Dienst der Caritas St. Pölten: "Armut kann auch eine Folge der Abwärtsspirale von psychischer Erkrankung und Suchtproblemen sein. Auch hier sind Frauen besonders betroffen." Vielen Frauen falle es außerdem zumindest anfangs sehr schwer, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen.
Frauenarmut und Kinderarmut
Frauenarmut sei oft auch mit Kinderarmut verbunden, erklärte Judith Baumgartner, Leiterin der "FamilienhilfePLus" der Caritas-St. Pölten: "Viele der betroffenen Frauen sind Alleinerzieherinnen, sind aufgrund von Sorgearbeit - also Kinderbetreuung, Pflege und Hausarbeit - nicht erwerbstätig oder teilzeitbeschäftigt und verdienen in Berufsfeldern weniger als ihre männlichen Kollegen."
Caritasdirektor Ziselsberger rief die politisch Verantwortlichen dazu auf, das soziale Netz in Österreich wieder enger zu knüpfen. Um die Armutsgefährdung für Frauen zu reduzieren, wäre es etwa ein einfacher Schritt, die Höhe der Ausgleichszulage einmal wesentlich zu erhöhen.
Caritas-Hilfe in Kärnten
"Damit Mütter nicht überlegen müssen, ob sie im Winter das Kinderzimmer heizen können, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Helfen Sie Menschen in Not mitten unter uns und spenden Sie jetzt!", appellierte der Kärntner Caritasdirektor Ernst Sandriesser am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Klagenfurt an die Bevölkerung. Viele Menschen in Kärnten würden mit den Folgen der dramatischen Teuerungen und hohen Energiekosten kämpfen. Vor allem Frauen und Kindern fehle das Geld für das Lebensnotwendigste - fürs Essen, die Miete oder für die Stromrechnung.
Armut in Österreich sei nicht nur weiblich, sondern auch jung: 88.000 Kinder und Jugendliche und damit mehr als doppelt so viele wie noch 2022 sind stark armutsbetroffen, hieß es bei der Pressekonferenz. Dieses besorgniserregende Phänomen der weiblichen und jungen Not spiegle sich auch in der Sozialberatung der Caritas Kärnten wider. Von den 6.360 von 1. Jänner bis 30. September 2024 unterstützten Menschen waren 2.030 Kinder und Jugendliche sowie 2.380 Frauen.
Nina Pokorny, Diplomsozialpädagogin und Mitarbeiterin in der Caritas-Sozialberatung, berichtete aus ihrem beruflichen Alltag: "Besonders Alleinerziehende und Pensionistinnen können häufig die Miete nicht rechtzeitig bezahlen, im Winter manchmal nicht heizen oder jeden zweiten Tag keine vollwertige Mahlzeit zu sich nehmen. Am Ende des Monats reicht das Geld oft nicht einmal mehr für den Einkauf von Lebensmitteln."
Die Caritas unterstütze die Hilfesuchenden u.a. mit Lebensmittelpaketen und Gutscheinen für Lebensmittel, Bekleidung und Schulartikeln. Sie zahlt einmalig zu Bildungskosten dazu und unterstützt Familien auch bei der Belastung durch Wohnkosten.
"Viele Familien, die in oder in der Nähe von Armut leben, haben angesichts explodierender Strom-, Heiz- und Mietkosten das riesige Problem, die monatlichen Fixkosten zu decken", informierte Christian Eile, Caritas-Bereichsleiter für Menschen in Not. Leistbares Wohnen sei auch angesichts des akuten Mangels an preisgünstigen, gemeinnützigen Wohnungen ein brennendes Thema.
Die Caritas Kärnten konnte von Jänner bis September 2024 dank Spendengeldern 355 Frauen mit Zuschüssen für Miete und Energie in der Höhe von 133.920 Euro unter die Arme greifen. Zusätzlich wurden über den "Wohnschirm Miete und Energie" des Bundes 186 Frauen mit rund 463.000 Euro unterstützt.
Sandriesser und Eile forderten von der Politik Reformen zur Armutsbekämpfung. Es brauche u.a. neben besseren Arbeitsbedingungen und einer höheren Entlohnung in frauenspezifischen Bereichen eine hochwertige und flächendeckende Kinderbetreuung, Ganztagsschulen und Pflege-Angebote. Weitere Forderungen betrafen die Sozialhilfe. Es brauche eine echte Grundsicherung mit einheitlichen Kinderrichtsätzen und mit Mindeststandards anstelle von Deckelungen; die Anhebung der Ausgleichszulage und eine Unterhaltsgarantie für alle Kinder
(Infos zu den Caritas-Hilfsangeboten bzw. Spenden: www.caritas-stpoelten.at bzw. www.caritas-kaernten.at/inlandshilfe)
Quelle: kathpress