Caritas Österreich kritisiert Verbot von UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA
Alexander Bodmann, Vizepräsident der Caritas Österreich, hat sich entsetzt gezeigt über das von Israel beschlossene Arbeitsverbot des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA. Er warnte in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress am Dienstag vor einer noch größeren humanitären Katastrophe, als es ohnehin schon der Fall sei.
Bodmann: "Die Lage in Gaza ist nach wie vor katastrophal. Fast die gesamte Bevölkerung hungert. Wir sehen hier eine der schwersten Nahrungsmittel- und Ernährungskrisen der Geschichte. Humanitäre Hilfe wird nach wie vor dringend benötigt, und wir befürchten, so wie unsere Partner vor Ort und andere internationale Organisationen auch, den Zusammenbruch der humanitären Hilfe."
UNRWA sei seit Jahrzehnten für die Versorgung palästinensischer Flüchtlinge zuständig, und zwar auch im Libanon, Westjordanland, Jordanien und Syrien. "Jegliche Unterbrechung dieser humanitären Hilfe führt unweigerlich zu einer noch katastrophaleren Lage von Millionen von Menschen", warnte Bodmann.
Es sei aus humanitärer Sicht unverantwortlich, das angespannte Verhältnis von UNRWA und dem Staat Israel auf dem Rücken von Zivilisten auszutragen. "Wir dürfen nicht vergessen, dass fast die Hälfte der notleidenden Bevölkerung des Gazastreifens Kinder sind", so der Caritas-Vizepräsident. Schätzungen zufolge benötigten mehr als 50.000 Kinder eine sofortige Behandlung wegen akuter Unterernährung. "Dafür wird vor Ort dringend humanitäre Hilfe benötigt."
Die Caritas fordere daher einen sicheren und nachhaltigen Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen, einschließlich der Bereitstellung lebensrettender Hilfsgüter, Medikamente, Lebensmittel, Wasser und Treibstoff, aber auch psychosozialer Dienste. Dies könne nur durch die "wertvolle humanitäre Hilfe" des UNRWA sichergestellt werden. Bodmann: "Wir fordern einen dauerhaften Waffenstillstand, Schutz der Zivilbevölkerung, des medizinischen Personals und humanitärer Helfer und der zivilen Infrastruktur, insbesondere von Krankenhäusern und Schulen."
Weitere Forderungen der Caritas sind die Freilassung aller Geiseln und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. "Wir schließen uns als Caritas auch dem Aufruf von Papst Franziskus zu sofortigem Frieden in Gaza und der gesamten Region an. Ich möchte auch die UN-Mitgliedsstaaten bitten, auf Israel einzuwirken, damit das humanitäre Völkerrecht eingehalten wird. Die Würde jedes Menschen muss geschützt werden. Es ist unfassbar, dass zehntausende Kinder seit Monaten schutzlos Raketenangriffen ausgesetzt sind und Hunger leiden."
Beschluss im Parlament
Das israelische Parlament hatte vor einer Woche zum Auftakt der Wintersitzungsperiode mit 92 zu 10 und 87 zu 9 Stimmen zwei Gesetze verabschiedet, die dem UN-Hilfswerk verbieten, auf israelischem Hoheitsgebiet zu arbeiten. Damit wird UNRWA auch in den palästinensischen Gebieten massiv eingeschränkt, deren Zugänge von Israel kontrolliert werden. Unter anderem dem UNRWA-Hauptquartier in Ostjerusalem droht die Schließung.
Israel hat inzwischen die UNO offiziell über das Ende seiner seit 1967 bestehenden Zusammenarbeit mit dem Palästinenserhilfswerk in Kenntnis gesetzt, wie die APA berichtete. Außenminister Israel Katz erklärte dazu am Montag, bereits jetzt werde "lediglich 13 Prozent" der humanitären Hilfe im Gazastreifen über UNRWA verteilt. Israel werde "weiterhin den Zugang von humanitärer Hilfe in den Gazastreifen in einer Weise erleichtern, welche die Sicherheit der israelischen Bürger nicht beeinträchtigt".
"Der Staat Israel wird weiterhin mit humanitären Organisationen zusammenarbeiten, aber nicht mit Organisationen, die den Terrorismus gegen uns fördern", schrieb der israelische UNO-Botschafter Danny Danon auf X. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach Israel das Verbot aussetze. Danon betonte, dass die UNO nichts unternommen habe, um die Situation zu bereinigen, obwohl Israel "überwältigenden Beweise" vorgelegt habe, "die die Unterwanderung des UNRWA durch die Hamas belegen".
Das Palästinenserhilfswerk selbst hat vor einem "Zusammenbruch" der humanitären Hilfe im Gazastreifen gewarnt. "Wenn dieses Gesetz umgesetzt wird, könnte es den Zusammenbruch der internationalen humanitären Tätigkeit im Gazastreifen bedeuten, deren Rückgrat UNRWA ist", sagte deren Sprecher Jonathan Fowler am Montag der Nachrichtenagentur AFP.
Vor wenigen Tagen hatte auch der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, die Entscheidung Israels als nicht akzeptabel bezeichnet. Es sei "mehr als realistisch", dass das Hilfswerk einer Umstrukturierung bedürfe, jedoch stelle die neue israelische Gesetzgebung eine dramatische Entscheidung dar, die eine bereits katastrophale Situation noch verschlimmere und "fürchterliche Folgen für eine bereits zu sehr geprüfte Bevölkerung haben" werde. Seine Sorge gelte "Tausenden von Palästinensern, die von UNRWA abhängig waren" und der Frage, was nun mit ihnen geschehen und wer sich um sie kümmern werde, so Pizzaballa.
Quelle: kathpress