Das Herz Jesu bewegt Könige und Päpste
Wenn Papst Franziskus am Donnerstag mit der Veröffentlichung seiner neuen Enzyklika "Dilexit nos" die Herz-Jesu-Verehrung würdigt, steht er damit in einer Tradition, die vor 350 Jahren im Burgund begonnen hat: Alles begann mit einem göttlichen Auftrag für eine einst wenig geliebte und später hochverehrte Ordensfrau.
"Leiden und im Leiden lieben, nur dazu bin ich geboren", schrieb Margareta Maria Alacoque (1647-1690) über sich selbst. Bereits mit zwölf Jahren, kurz nach ihrer Erstkommunion, war sie vier Jahre lang krank ans Bett gefesselt - bis sie überraschend wieder gesund wurde. Es sollte nicht das einzige wundersame Ereignis im Leben der späteren Heiligen sein. Schon in ihren Jugendjahren hatte sie göttliche Visionen. Mit 23 Jahren trat sie in den Orden von der Heimsuchung Mariens ein. Die Visionen wurden mehr, ihre Mitschwestern spotteten darüber - nicht zuletzt, weil sie in ihren Visionen den Auftrag vernahm, Missstände im Kloster anzuprangern.
Es blieb nicht bei dem Auftrag, das eigene Kloster in Ordnung zu bringen. 1673 erschien ihr Jesus persönlich: Die junge Ordensfrau solle sich dafür einsetzen, dass sein göttliches Herz verehrt werde. Unterstützung fand sie bei dem Beichtvater der Schwestern, dem Jesuiten Claude de la Colombiere. Anders als andere Priester hielt er die Ordensfrau nicht für verrückt oder besessen, vielmehr unterstützte er sie in ihrer Mission, die Verehrung des Herzens Jesu zu verbreiten.
Mystiker und Orden begründen die Herz-Jesu-Spiritualität
Auch wenn es bereits in der frühen Kirche das Bild des Herzens Jesu als Ursprung der Kirche gab, ist die Herz-Jesu-Verehrung, wie sie von Alacoque begründet wurde, ein verhältnismäßig neues Phänomen. Im ersten Jahrtausend spielt die Verehrung des Herzens kaum eine Rolle in der christlichen Frömmigkeit. Erst im Hoch- und Spätmittelalter gab es Anstöße von Mystikerinnen und Mystikern wie Mechthild von Magdeburg, Gertrud von Helfta und Meister Eckhart, die die Liebe Gottes mit den Wundmalen Jesu und seinem Herzen in ihren Schriften geistlich verarbeiteten. Orden wie die Dominikaner, die Franziskaner und die Kartäuser verbreiteten diese Frömmigkeit. Im Zentrum stand die Betrachtung des Herzens Jesu als Zeichen für die Liebe Gottes.
Für Alacoque war vor allem der Sühnegedanke bedeutend, der auch für die zeitgenössische Theologie Frankreichs im Zentrum stand. Bei ihren Mitschwestern stieß sie damit auf wenig Begeisterung - als sie in einer Vision erfahren haben soll, dass sie ein Sühneopfer für die Verfehlungen und die Verstocktheit des Konvents sein soll, reagierten die so beschuldigten Schwestern wenig begeistert. Sogar zu gewalttätigen Übergriffen kam es.
Erst unter einer neuen Oberin wurde es für Schwester Alacoque besser, bis sie schließlich Novizenmeisterin wurde. Als Ausbilderin erarbeitete sie sich den Respekt ihrer Novizinnen, die sie angesichts ihrer eigenen Gewalterfahrungen geduldig und sanft statt streng und kalt in die Spiritualität ihres Ordens einführte. Anstelle eines Geburtstagsfestes, das die Novizinnen ihr ausrichten wollten, wünschte sich Alacoque lieber eine Feier zu Ehren des Herzens Jesu - so wurde der 22. Juli 1685 zum ersten Herz-Jesu-Fest. Die Feier wurde zur Keimstunde der Herz-Jesu-Verehrung und des Hochfestes Herz Jesu, das heute am dritten Freitag nach Pfingsten gefeiert wird.
Der König soll dem Herzen Jesu eine Kirche bauen
Alacoques Visionen wurden größer: den französischen König Ludwig XIV. forderte sie auf, einer Vision entsprechend ganz Frankreich dem Herzen Jesu zu weihen und in Paris eine Kirche zu dessen Ehren zu bauen. 200 Jahre später wurde auf diese Vision hin die Basilika Sacre-Coer in Paris eingeweiht. Im 18. und 19. Jahrhundert verbreitete sich die Herz-Jesu-Verehrung in Europa, Herz-Jesu-Bruderschaften entstanden, von den Jesuiten wurde die Frömmigkeitsform propagiert, von den Aufklärern bekämpft. Vor allem in Tirol entwickelte sich ein vielfältiges Brauchtum mit Herz-Jesu-Feuern, Umzügen und Prozessionen.
1856 führte Papst Pius IX. das Herz-Jesu-Fest für die Gesamtkirche ein, 1864 erklärte er Alacoque zur Seligen, immer wieder äußerten er und seine Nachfolger sich zu dieser Frömmigkeitsform. 1920 folgte die Heiligsprechung der Schwester. Jetzt steht die jüngste Herz-Jesu-Enzyklika an. "Ich glaube, dass es uns sehr gut tun wird, über verschiedene Aspekte der Liebe des Herrn nachzudenken, die den Weg der kirchlichen Erneuerung erhellen können; aber auch, dass sie etwas Bedeutendes zu einer Welt sagen, die ihr Herz verloren zu haben scheint", kündigte Papst Franziskus seine Enzyklika "Dilexit nos" ("Er liebte uns") über die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu Christi an. Den Anlass dazu gab der 350. Jahrestag der ersten Offenbarung des Heiligsten Herzens Jesu im Jahr 1673 an Alacoque.
Quelle: kathpress