Wien: Theologische Fakultäten feiern 1.700 Jahre Konzil von Nicäa
Mit einem internationalen Symposion vom 4. bis 6. November gedenken die beiden christlichen Fakultäten an der Universität Wien heuer des 1.700-Jahr-Jubiläums des Konzils von Nicäa. Dieses erste Ökumenische Konzil der Kirchengeschichte fand im Jahr 325 statt und formulierte die bis heute gültigen Grundlagen des christlichen Glaubens. Einen zentralen Streitpunkt bildete damals die Frage nach dem Verhältnis von Vater und Sohn zueinander. Das Konzil sprach schließlich vom Sohn, der "aus dem Wesen des Vaters" ist, "wahrer Gott vom wahren Gott", "gezeugt, nicht geschaffen", "eines Wesens mit dem Vater". Damit wurde das Bekenntnis von Nicäa zum bis heute einzigen verbindlichen Glaubensbekenntnis, auf das sich alle christlichen Konfessionen verständigen können.
Die Tagung in Wien, die gemeinsam von der Katholisch-Theologischen und der Evangelisch-Theologischen Fakultät ausgerichtet wird und unter dem Titel "Streitfall Nicäa?" steht, will daher nicht nur die historischen Quellen und die Rezeption durch die Kirchen- und Theologiegeschichte hindurch beleuchten, sondern auch die bleibende ökumenische Relevanz dieses Konzils. Das betonen die beiden federführenden Initiatoren der Tagung, die evangelische Theologin und Dekanin, Prof. Uta Heil, und der katholische Dogmatiker Prof. Jan-Heiner Tück in einer neuen Folge des Theologie-Podcasts "Diesseits von Eden".
Tück: Bleibende christologische Provokation
Mit dem Bekenntnis von Nicäa sei "eine bleibende Provokation der Rede über Jesus Christus" verbunden, so Tück, "nämlich die, dass in ihm und in seinem Wirken das Mysterium Gottes selber nahe kommt: Ein Christentum ohne Christus, das sich über Caritas, Bildung etc. definiert, ist aus Sicht Nicäas zu wenig: Zum Zentrum unseres Bekenntnisses zählt seither, dass dieser Jesus Christus wirklich Gottes Sohn ist und dass er nahe kommt." Heute gelte es, dies theologisch zu erinnern und zugleich "anders, vielleicht in Beziehungskategorien zu reformulieren", zeigte Tück im Podcast eine künftige dogmatische Herausforderung auf: "Antlitz, Name, Fleisch bzw. Körper wären vielleicht Kategorien, mit denen man dieses Nahekommen des Mysteriums aufschlüsseln könnte".
Das Symposion gliedert sich in sechs "Perspektiven" auf Nicäa: Eine "Patristische Perspektive", bei der u.a. Prof. Heil, der Frankfurter Althistoriker Harmut Leppin, der Freiburger Kirchenhistoriker Thomas Böhm sowie der Tübinger Kirchenhistoriker Volker Drecoll über die theologischen und historischen Hintergründe des Konzils wie etwa den Arianischen Streit referieren. Darauf folgt am 5. November ein Teil zur Rezeption des Konzils in der Spätantike mit Vorträgen u.a. des Wiener Liturgiewissenschaftlers Hans-Jürgen Feulner. Der Debatte um das Verhältnis von "Judaisierung vs. Hellenisierung des Glaubens" widmen sich Vorträge des Tübinger Judaisten Matthias Morgenstern sowie des Wiener Theologen Christian Danz und des Freiburger Dogmatikers Helmut Hoping.
Der Rezeption des Konzils in den unterschiedlichen christlichen Konfessionen widmen sich schließlich Vorträge u.a. des orthodoxen Wiener Theologen Ioan Moga sowie des Wiener Kirchenhistorikers Thomas Prügl. Am letzten Tag des Symposions (6. November) stehen schließlich kunsthistorische und musikalische sowie systematisch-theologische Perspektiven auf dem Programm - u.a. mit Vorträgen der Wiener Theologin Dorothee Bauer, dem Innsbrucker Theologen Johannes Hoff sowie von Jan-Heiner Tück.
Festvortrag von Christoph Markschies
Einen Höhepunkt des Symposions bildet am Dienstagabend (5. November, 19 Uhr) ein Festvortrag des evangelischen Theologen und Präsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Christoph Markschies, unter dem Titel "Nicaea 325 - alte und neue Perspektiven". "Fehlt in einer allgemeinen 'Theologievergessenheit in Theologie, Kirche und Gesellschaft' unserer Tage eine in Nicaea ausgedrückte 'konsequente Ausrichtung auf Gott, wie er sich in und durch Christus erschlossen hat und im Wirken des Geistes immer wieder erschließt', oder kann die Modernitätskonformität des Christentums nur durch entschlossene Abkehr von solchen zeitbedingten Fokussierungen bewahrt werden?" - so kündigen die Initiatoren den Vortrag an, in dem Markschies schließlich für einen "alternativen Umgang mit dem Konzil und Bekenntnis jenseits der klassischen Duale" werben werde.
(Weitere Infos zur Tagung: https://ktf.univie.ac.at - Podcast-Beitrag zum Nicäa-Jubiläum: https://diesseits.theopodcast.at/1.700-jahre-konzil-von-nizaea)
Quelle: kathpress