Glettler: Engelbert Kolland ist Friedens-Prophet für aggressive Zeiten
Der am Sonntag heiliggesprochene Tiroler Engelbert Kolland (1827-1860) hat nach den Worten von Bischof Hermann Glettler der Gegenwart viel zu sagen: Seine geduldige, um Verständigung und Versöhnung ringende Haltung und sein Lebensstil seien "prophetisch für unsere Zeit zunehmender Aggressivität - im Großen und im Kleinen", sagte der Innsbrucker Oberhirte am Montag bei einem von Erzbischof Franz Lackner geleiteten Heiligsprechungs-Dankgottesdienst in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore, an dem die zur Heiligsprechung aus Tirol angereiste Abordnung teilnahm. Kolland sei "eine Lichtfigur für eine unerschrockene Glaubenstreue und gelebte Gewaltfreiheit".
Die gängigen Bilder des 33-jährig verstorbenen neuen Heiligen bezeichnete Glettler in seiner Predigt als "irreführend": Die Kolland beigefügten Attribute Kreuz und Schwert oder Axt hätten nichts mit Gewalttätigkeit zu tun, vielmehr sei bei ihm das genaue Gegenteil der Fall: Engelbert sei seinerzeit als mutiger Missionar und Seelsorger zu der arabisch sprechenden Minderheit der Christen in Damaskus gekommen und dann am 10. Juli 1860 im Zuge der damaligen Aufstände muslimischer Drusen im Libanon und Syrien durch brutale Hiebe hingerichtet worden. "Er hat für seinen Glauben den Kopf hingehalten", so Glettler.
Der von Kolland praktizierte "konsequente Verzicht auf Gewalt" beginne "mit einer inneren Entscheidung, der Dynamik des Bösen zu widersagen" und "nicht mehr Kinder des Zorns zu sein", betonte der Bischof, der zu einer bewussten "Entscheidung zu Sanftmut und Geduld" aufrief: "In der vorherrschend negativen Logik des Aufrechnens von Versagen und der alltäglichen Dauerberieselung mit den vielen Empörungen braucht es diese echte Alternative. Die neue Härte darf nicht maßgeblich sein - weder gegenüber den sozial Schwachen und Zugewanderten in unserem Land, noch im gesellschaftlichen und politischen Diskurs allgemein."
Besonders die "echte und glaubwürdige Hoffnung", die Resignation und Verzweiflung keinen Platz gebe, empfahl Glettler als notwendige Ressource für die heutige "nervöse Zeit". Hoffnungslosigkeit könne auch zu Gleichgültigkeit gegenüber Nöten anderer in der Welt führen. Kolland und seine mit ihm heiliggesprochenen Märtyrer-Gefährten aus Damaskus seien "Mutmacher" durch ihr Zeugnis. Sie seien Modelle und Leitfiguren, "Mahner und Motivator zur Sanftmut, zur geduldigen Verständigung und der Mühe um Versöhnung anstelle von Hass". Heiligkeit stehe dabei für eine "neue Haltung und einen neuen Lebensstil, der in allen Aspekten heilsam ist", und sei ein "Weg für uns alle".
Dabei handle es sich bei keinem der neuen Heiligen - mit Kolland wurden zwölf weitere Personen zur weltweiten Verehrung in der katholischen Kirche freigegeben - um "glatte Erfolgsgeschichten", bemerkte der Tiroler Bischof. Als Holzfällersohn, dessen Familie infolge der Brutalität der konfessionellen Auseinandersetzungen ihrer Zeit vertrieben wurde und der selbst mit Schwierigkeiten in der Schule kämpfte, hätte Engelbert "tausend Gründe gehabt, sich selbst als Opfer der Umstände zu bedauern und in die Sorge um sich selbst seine ganze Energie zu investieren". Stattdessen habe er sich vielmehr "auf die positive Radikalität des Evangeliums eingelassen" und dabei seine persönliche Berufung gefunden.
Opfer eines Massakers an Christen
Engelbert Kolland (Geburtsname Michael) war am Sonntag von Papst Franziskus am Petersplatz in Rom heiliggesprochen worden. Er wurde am 21. September 1827 in der Gemeinde Ramsau im Zillertal geboren, erlebte im Kindesalter die Vertreibung seiner evangelischen Familie aus Glaubensgründen in die steirische Toleranzgemeinde Rachau mit, kam dann selbst nach Salzburg ans erzbischöfliche Gymnasium. Nach der Matura trat er bei den Franziskanern ein, wo er den Ordensnamen Engelbert bekam und nach seiner Priesterweihe in Trient 1855 aufgrund seiner Sprachbegabung als Missionar zunächst ins Heilige Land, dann nach Damaskus gesandt wurde.
Zwischen Mai und Oktober 1860 kam es im Libanon und Syrien zu einer massiven Verfolgung der christlichen Minderheit durch die arabischsprachigen Drusen aus dem Libanon. Dabei wurden in beiden Ländern rund 20.000 Christen teils bestialisch getötet. Als Höhepunkt gilt das Massaker vom 9. bis 16. Juli in Damaskus, bei dem rund 5.000 Christen - unter ihnen 30 Priester und drei Bischöfe - ermordet wurden, nachdem sie sich weigerten, den muslimischen Glauben anzunehmen. Auch elf Kirchen und drei Klöster wurden dabei zerstört.
Quelle: kathpress