Theologe Söding: Synode ist erst der Anfang
Bei der aktuellen Weltsynode im Vatikan geht es nach der Einschätzung des deutschen Theologen Thomas Söding um viel mehr als bloß konkrete Anweisungen aus Rom, welche manche erwarteten. "Diese Synode ist definitiv ein Anfang", sagte der Bochumer Neutestamentler in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem Presseteam der Erzdiözese Wien. Geboten werde bei der Bischofsversammlung eine "Plattform, auf der die Kirche lernen kann, als Weltkirche zu agieren und sich gleichzeitig um lokale Perspektiven zu bemühen", so der theologische Berater der Synode.
Die Synodalität - um diese dreht sich das Treffen - ist laut dem Experten eine "notwendige Reaktion auf die Herausforderungen, die die Kirche heute weltweit erlebt". Diese damit bezeichnete Form der gemeinsamen Suche nach Lösungen schaffe die Grundlage für ein breiteres Verständnis von Kirche und helfe dabei, "Vertrauen aufzubauen und eine erneuerte Kirche zu schaffen". Besonders wichtig sei dies nach Einschätzung Södings dort, wo es schwerwiegende Probleme wie Machtmissbrauch gegeben habe. Synodalität sei zwar "kein Allheilmittel, aber es bietet eine Struktur, die uns hilft, die Vielfalt und die Charismen der Kirche zu integrieren".
Als großen Fortschritt erlebe er bei der Anfang Oktober gestarteten Versammlung den "respektvollen Dialog", sagte Söding. Die in Rom vertretene große Vielfalt kultureller und theologischer Perspektiven führe unweigerlich zu Spannungen, die früher oft zu Misstrauen, Verdächtigungen und Blockaden für die offene Kommunikation geführt hätten. Die synodale Methode mit ihren spirituellen Gesprächen habe viele dieser Barrieren überwunden. Brücken entstünden auch dort, wo das "Theologisieren" kultureller Unterschiede festgefahrene, starre Positionen entstehen lassen habe.
"Synode braucht mehr theologischen Raum"
Zu wenig gelingt der noch bis 27. Oktober dauernden Synode laut dem bekannten Neutestamentler bislang eine kritische theologische Analyse, durch welche erst Entscheidungen nicht mehr nur auf Basis aktueller Meinungen, sondern theologisch eingebettet gefasst würden. "Die Synode braucht mehr theologischen Raum", so Söding. Eine Verankerung in der Schrift, Tradition und im Recht der Kirche sei unverzichtbar, um Reformen der Kirche im Einklang mit ihrer Tradition bei gleichzeitiger Offenheit für verschiedene kulturelle Kontexte zu ermöglichen. Die Kirche sei dazu fähig, sich ständig weiterzuentwickeln und neu zu orientieren, ohne die eigene Identität zu verlieren, dürfe dabei jedoch nicht auf ihre Wurzeln vergessen.
Auch den bereits vor der Synode gestarteten deutschen Reformprozess "Synodaler Weg", bei dem Söding als Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) eine Schlüsselrolle spielt, sprach der Theologe an. Es gäbe keinen Gegensatz zwischen diesem und dem vom Vatikan angestoßenen globalen synodalen Prozess, "stattdessen ergänzen sie sich", so der Theologe. Dies gelinge durch die Integration verschiedener Perspektiven und Herausforderungen. Söding: "Der weltweite synodale Weg kann von den spezifischen Erfahrungen in Deutschland profitieren und umgekehrt." Das Ergebnis könne, zugeschnitten auf verschiedene Regionen und Kulturen, ein besseres Eingehen auf die Bedürfnisse der Weltkirche sein.
Quelle: kathpress