Linz: Fachtagung fordert "Respekt für Sexarbeiter:innen"
"Respekt für Sexarbeiter:innen" lautete der Titel einer Fachtagung zum gesellschaftlichen und politischen Umgang mit Sexarbeit, die vor Kurzem an der Katholischen Privat-Universität Linz (KU Linz) stattfand. Veranstaltet wurde die Tagung vom Institut für Christliche Sozialwissenschaften der Katholischen Privat-Universität Linz (KU Linz) und der Fachberatungsstelle LENA der Caritas Oberösterreich. Das Feld erotischer und sexueller Dienstleistungen, die Soziale Arbeit mit Sexarbeitenden sowie die politische Gestaltung dieses Tätigkeitsfeldes seien Gegenstand kontroverser politischer und gesellschaftlicher Debatten. Mit der Veranstaltung habe man zur dringend nötigen Versachlichung der Debatte beitragen wollen, hieß es am Montag in einer Aussendung der KU Linz.
Auch wolle man stärkere Rücksicht auf die Stimme jener Personen, die in den verschiedenen Bereichen der Sexarbeit tätig sind.
Die Caritas-Beratungsstelle LENA bietet Beratung, Unterstützung und Begleitung für Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind oder waren. Deren Leiterin Elke Welser erklärte, dass die Autonomie und die Entscheidungen derjenigen zu achten seien, die sich für diese Form der Arbeit entscheiden. Es bedeute auch, "dass wir die Rahmenbedingungen schaffen, unter denen Sexarbeiterinnen und -arbeiter selbstbestimmt und sicher arbeiten können".
Christian Spieß vom Institut für Christliche Sozialwissenschaften betonte in seiner Einführung, dass der Begriff Respekt im Titel der Veranstaltung vor allem auf jenen Respekt ziele, "den wir einander als Rechtssubjekte im liberalen Verfassungsstaat wechselseitig schulden". Er wies auf die Relevanz der Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis, speziell zwischen den Christlichen Sozialwissenschaften und der Caritas, hin, was Marion Huber, Vorstandsmitglied der Caritas Oberösterreich, in ihrer Begrüßung noch einmal aufgriff und verstärkte. OÖ-Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer betonte die Menschenwürde als zentrale politische Orientierung.
Prof. Elisabeth Greif vom "Institut für Legal Gender Studies" der Johannes Kepler Universität Linz erläuterte juristische Dimensionen der Sexarbeit und erläuterte die Unterschiedlichkeit der Gesetzeslagen in der EU. Neuere rechtliche Entwicklungen machte sie am Beispiel einer Urteilsbegründung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte fest, die auf die Klage französischer Sexarbeiter:innen reagierte, dass ein Verbot des Sexkaufs ihre Menschenrechte verletzt.
Für Katja Winkler vom Institut für Christliche Sozialwissenschaften der KU Linz hob das Recht auf individuelle Selbstbestimmung hervor, das jedem Menschen zukomme. Astrid W., Obfrau der "Berufsvertretung Sexarbeit Österreich", lieferte einen persönlichen Erfahrungsbericht über ihren Berufsalltag.
Die Wiener Soziologin und Politikwissenschaftlerin Helga Amesberger sprach aus politikwissenschaftlicher Perspektive über die Regulierung von Sexarbeit und gebrauchte dafür den Begriff der "Moralpolitik", deren Kennzeichen es sei, die Durchsetzung der eigenen Position und damit verbundener Werte über die konstruktive Lösung eines Problems zu stellen.
Sabrina Stranzl von der Universität Graz stellte diskursive Figurierungen von Sexarbeit vor, wie jene des Opfers ("victim") und der glücklichen Hure ("happy hooker"). Letztlich beherrschten solche Figurierungen die Öffentlichkeit, obwohl sie bloß bestimmte Vorstellungen bzw. Vorurteile über Sexarbeitende wiedergeben würden und gerade kein genaueres Wissen über das Leben konkreter Personen.
Abgeschlossen wurde die Tagung mit Lesungen von Texten aus Tagebüchern von Sexarbeiterinnen.
Quelle: kathpress