Uni Graz: 30 Jahre Theologische Frauen- und Geschlechterforschung
Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Graz nimmt mit ihrem nunmehr 30-jährigen Schwerpunkt auf Frauen- und Geschlechterforschung eine Vorreiterrolle nicht nur in der Theologie ein, sondern weit über die eigene Disziplin hinaus. Das wurde beim Symposium "Macht - Gender - Religion" anlässlich des Jubiläums an der Fakultät deutlich, wie aus einer Zusammenfassung vom Wochenende hervorgeht. Die Historikerin und Sprecherin des Grazer universitären Forschungsschwerpunktes interdisziplinäre Geschlechterstudien, Prof. Heidrun Zettelbauer, würdigte die frühe Institutionalisierung des Schwerpunktes im Jahr 1994. Andere Disziplinen und universitäre Einrichtungen hätten viel länger gebraucht, bis frauen- und geschlechtertheoretische Ansätze universitär verankert wurden.
Die Grazer Fundamentaltheologin Prof. Martina Bär, als Sprecherin des Gender-Schwerpunktes für das Symposium organisatorisch verantwortlich, zog eine überwiegend positive Bilanz, seit vor 30 Jahren die theologische Frauenforschung in Graz mit einem einstimmigen Beschluss des Fakultätsgremiums begann. Den Anstoß dazu hatte das kurz zuvor publizierte Papstschreiben "Ordinatio sacerdotalis" gegeben, in dem Papst Johannes Paul II. (1978-2005) den Ausschluss von Frauen von der Priesterweihe "als Plan Gottes für die Kirche zementierte", wie Bär sagte.
Die Frauen- und Geschlechterforschung manifestiere sich in einschlägigen Publikationen, Forschungsprojekten, Veranstaltungen, nationalen und internationalen Kooperationen und auch in Studierenden, die in Graz ausgebildet wurden und inzwischen an zahlreichen anderen europäischen Universitäten forschen und lehren. Besonders die inzwischen emeritierte Alttestamentlerin Irmtraud Fischer gab wesentliche Anstöße zur Forschung auf theologischer wie auch auf interdisziplinärer Ebene. Bär problematisierte allerdings, dass die Einsichten der theologischen Frauenforschung von lehramtlicher Seite kaum rezipiert würden. Es sei somit weiterhin Beharrungsvermögen gefordert, um dieses Forschungsfeld in der Mitte der Theologie zu verankern und seine Relevanz für gegenwärtige Probleme von Theologie und Kirche zu verdeutlichen.
Themen, die beim Symposium in Vorträgen internationaler Fachleute aufgegriffen wurden, waren u.a. der politisch aufgeladene Anti-Gender-Diskurs in Ländern wie Ungarn, Kroatien oder Bosnien-Herzegowina, aber auch in Österreich, die Erforschung von Sexualität und Geschlecht in den frühen Schriften von Judentum, Christentum und Islam und das Gendern in der deutschen Sprache. Beleuchtet wurde laut Bär auch "ein Herzstück der Theologie", nämlich die Inkarnation Gottes als Mann in Jesus von Nazareth als "theologischer Zusammenhang, der bis heute zur Legitimierung der Diskriminierung von Frauen beiträgt". Die Bochumer Theologin Katharina Mairinger-Immisch wurde im Rahmen der Tagung mit dem Elisabeth-Gössmann-Preis für ihre Forschung zur Intergeschlechtlichkeit in Theologie und Kirche ausgezeichnet.
Quelle: kathpress