Caritas kritisiert "Hunger als Kriegswaffe" im Sudan
Fast jeder zehnte Mensch auf der Erde - insgesamt rund 733 Millionen - leidet an Hunger. Besonders dramatisch ist die Lage im Sudan, wie die Caritas Österreich in einer Aussendung am Montag anlässlich des Welternährungstages (16. Oktober) hinwies: Am Schauplatz der aktuell größten Hungerkrise der Welt seien fast 26 Millionen Menschen - mehr als die Hälfte der Bevölkerung - von Hunger betroffen. Als Ursachen dafür nannte Caritas-Auslandshilfe-Chef Andreas Knapp zuallererst den "brutalen Bürgerkrieg im Sudan", in dem "Hunger als Kriegswaffe" eingesetzt werde. Aber auch die Folgen der Klimakrise sorgten dafür, dass bis Jahresende bis zu zwei Millionen Menschen an Hunger und damit verbundenen Krankheiten sterben könnten.
"Hunger ist kein Schicksal!", betonte Knapp. Immer mehr Menschen würden unverschuldet in komplexen und multiplen Krisen leben. 30 Prozent der Weltbevölkerung hätten keinen ständigen Zugang zu Nahrungsmitteln. Der Caritas-Vertreter nennt diesen Missstand einen "Skandal" und hielt fest: "Solange Kinder an Hunger sterben, haben wir als globale Gemeinschaft versagt!" Knapp nahm hier auch die künftige österreichische Regierung in die Verantwortung: Es brauche ein klares Bekenntnis zu globaler Solidarität. Die Caritas erneuerte ihre langjährige Forderung, "dass endlich die international vereinbarten 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe bereitgestellt werden". Bis 2030 solle ein Budget von 200 Millionen Euro für humanitäre Hilfe sichergestellt werden.
Die weltweiten Daten zum Hunger erfordern laut Caritas Gegensteuern der internationalen Gemeinschaft. Während es in Teilen Asiens und Lateinamerika Fortschritte gebe, nehme der Hunger in Vorderasien, in der Karibik und überall in Afrika weiter zu. Der finanzielle Bedarf zur Hungerbekämpfung sei allein im laufenden Jahr auf 48,7 Mrd. US-Dollar gestiegen, "doch nur 16 Prozent des Bedarfs wurden bisher gedeckt".
"Schlimmer als Äthiopien in den 1980ern"
Mit Blick auf die Situation im Sudan - sie ist nach Einschätzung Knapps noch schlimmer als die Hungerkatastrophe in Äthiopien in den 1980er Jahren - forderte die Caritas: "Die internationale Gemeinschaft muss jetzt handeln, ansonsten droht der Hungertod einer ganzen Generation." Die Vereinten Nationen sprechen davon, dass es weltweit keine natürlichen Hungersnöte mehr gibt - nur noch politische, heißt es in der Aussendung. "Hunger wird immer häufiger als Waffe eingesetzt, um Zivilbevölkerungen zu schwächen. Dies sehen wir nicht nur im Sudan, sondern auch in anderen Konfliktregionen wie Syrien und dem Jemen", erklärte Knapp.
Dazu kämen immer häufigere und massivere Naturkatastrophen als Hungerursache. 86 Prozent der Menschen im Sudan leben laut Caritas von Landwirtschaft und Viehzucht. Dürren seien früher Ausnahmeereignisse gewesen, jetzt jedoch schon jährliche Ereignisse. Der Regen bleibe entweder ganz aus oder gehe viel zu stark an unerwarteten Orten nieder, Fluten vernichten dann lebensnotwendige Ernten. Menschen würden gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen.
"Wir können nicht wegschauen, wenn hunderte Millionen Menschen weltweit unter Hunger leiden", so der Appell des Caritas-Auslandshilfe-Chefs. Er nannte es "unsere Pflicht und Verantwortung in Österreich, in Europa und weltweit, in einer globalen Welt für eine gerechtere Verteilung zu sorgen und Hunger zu beenden". Die Kosten des Nichthandelns sind laut Knapp viel höher als gezielte Hilfe; es drohten Millionen Hungertote und weitere Destabilisierung der Region. "Die nächste Bundesregierung muss den Kampf gegen Hunger auf die politische Agenda setzen, das Dreijahresprogramm für Österreichs Entwicklungszusammenarbeit rasch beschließen und ihr Engagement deutlich erhöhen", forderte Knapp.
Caritas-Hilfe im Sudan und weltweit
Trotz begrenzter Möglichkeiten, Nothilfe vor Ort zu leisten, erzielt die Caritas im Sudan und weltweit durch Netzwerke an lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen Erfolge. So unterstützte die Caritas zum Beispiel seit September 2023 mehr als 1,1 Millionen Menschen im Sudan konkret mit Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung sowie Wasser, Sanitärversorgung und Hygieneartikel.
Auch in langfristigen Projekten arbeitet die Caritas daran, Menschen in den ärmsten Regionen der Welt dabei zu unterstützen, ihre Lebensgrundlagen zu sichern. Durch Caritas-Projekte erhalten Kleinbauern beispielsweise dürreresistentes Saatgut und gleichzeitig Schulungen, wie sie ihr Wassermanagement verbessern und mit verbesserten Anbaumethoden dem Klimawandel begegnen können.
Quelle: kathpress