Erzbischof Lackner: "Brücken bauen und Gräben überwinden"
Die bei der katholischen Weltsynode verwendete Gesprächs-Methode könnte nach Ansicht von Erzbischof Franz Lackner auch in Politik und Gesellschaft außerhalb der Kirche eine positive Kraft entwickeln. Das gemeinsame, bewusste Schweigen und gegenseitige Hinhören "täte nicht nur der Kirche gut", zeigte sich Lackner in einem Gastkommentar in der "Kronen Zeitung" (Sonntag; online und Salzburg-Ausgabe) überzeugt. "Es würde einer Welt helfen, die an so vielen Orten vom Krieg gezeichnet ist", so der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, und: "Es würde unserem Land helfen, die Spaltungen und Gräben der letzten Jahre zu überwinden, gerade auch jetzt, wo wir in politisch so vielschichtiger Lage auf eine baldige und stabile Regierung hoffen, die Demokratie und Menschenrechte hochhält."
Durch bewusstes Schweigen und Hinhören könne ein Prozess in Gang kommen, bei dem verschiedenste Standpunkte nebeneinander gelegt werden, die man dann berede - und zwar "im Bewusstsein, dass keiner von uns einzelnen je zu 100 Prozent richtig legen kann und man sich näher ist, als ursprünglich gedacht", so der Erzbischof. So könne die Erkenntnis reifen: "Wir alle haben trotz Unterschiede eine gemeinsame Aufgabe."
Jeder müsse sich bewusst halten, dass "wir alle nur Teilwahrheiten verwalten, dass wir alle immer sowohl andockfahig wie auch ergänzungsbedürftig sein müssen", rief Lackner auf: "So hoffe ich, dass wir Brücken zueinander bauen können - als Kirche, als Land, als Menschheit".
"Gemeinsamer Weg"
Der Salzburger Erzbischof nimmt seit Monatsbeginn im Vatikan an der zweiten Vollversammlung der Weltbischofssynode über Synodalität in der Kirche teil. Sie steht am Ende der von Papst Franziskus gestarteten Weltsynode, ein rund dreijähriger Konsultations- und Beratungsprozess, den die katholische Kirche in mehreren Phasen auf Ebene der Diözesen und Ortskirchen, der Kontinente und der Weltkirche organisierte.
Der Begriff "Synode" komme aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "gemeinsamer Weg", erklärte Lackner in seinem Gastbeitrag in der "Kronen Zeitung". Der Papst habe mit der laufenden Synode den Auftrag gegeben, darüber nachzudenken, wie das in der Kirche gelingen kann und darüber nachzudenken, "was Synodalität eigentlich heißt und was sie von uns verlangt".
Ausweg für Kirche und Gesellschaft
Jeder kenne Fälle, in denen man grundverschiedener Meinung mit den Mitmenschen sei. "Nicht selten führen solche Meinungsverschiedenheiten zu Streit, mithin sogar zum Scheitern einer Beziehung oder, in allerschlimmster Form, zum Krieg", so Lackner. "Davor sind wir im Privaten nicht gefeit, nicht im Politischen, und gerade auch nicht in der Kirche."
Synodalität öffne einen Ausweg, erklärte der Salzburger Erzbischof die im Laufe des weltweiten Synodalen Prozesses der Kirche etablierte Gesprächsmethode der sogenannten "Anhörkreise". "Man trifft sich in Kleingruppen, hier in Rom mit Christen und Christinnen aus allen Kontinenten. Einzelne Standpunkte werden dabei abwechselnd mit Phasen des Schweigens vorgetragen; erst nachdem alles gehört und im Schweigen sowie Elementen des betenden Nachdenkens auch verinnerlicht ist, wird diskutiert, und stets versucht man, auch die eigene Meinung nie als endgültig zu sehen."
"Die Kirche, so könnte man meinen, beschäftigt sich einfach mit sich selbst", so Lackner mit Blick auf die noch bis Ende Oktober dauernden Synodenberatungen in Rom: "Aber aus dem, was hier geschieht, vermag Weitreichendes zu erwachsen, auch für unsere Gesellschaft."
Quelle: kathpress