Theologin: Gott ist Mensch, nicht Mann geworden
Gott ist kein Mann, auch wenn sich dieses Bild in Kirche, Alltag und Geschichte so verfestigt hat: Darauf hat die Innsbrucker Theologin Michaela Quast-Neulinger in der Serie "Was glauben Sie eigentlich" der Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen (9. Oktober) hingewiesen. Die biblischen Bilder von Gott würden sowohl männliche als auch weibliche Attribute umfassen. So werde Gott etwa als Hirte, Richter, aber auch als Gebärende, tröstende Mutter oder gar wütende Bärin beschrieben, merkte die Fundamentaltheologin an und forderte zu einer sorgfältigen Interpretation der Bibel auf, um Geschlechterrollen nicht zu zementieren. Gott sei "der und die Lebendige" und würde sich durch die Geschichte hindurch immer wieder neu offenbaren.
Auf die Frage "Ist Gott wirklich ein Mann?" antwortete Quast-Neulinger mit "Nein. Damit wäre die Frage erledigt, würde ich mir wünschen. Leider ist dies nicht der Fall." Ihre Kritik begründete die Innsbrucker Theologin anhand der fortwährenden patriarchalen Prägung und Einschränkungen in Kirche, Theologie und Alltag. So werde die Vorstellung von "Mannsein" vielfach auf Gott übertragen, und dieser folglich "männliche Gott" legitimiere eine irdische Ordnung, die "den Mann" ins Zentrum rücke. "Ein gefährlicher Zirkel, der immer wieder in Unterdrückung und Gewalt, insbesondere gegen Frauen, mündet", schreibt Quast-Neulinger.
Gleichzeitig gäbe es jedoch Bewegungen, die sich auf eine "wahre göttliche" oder "natürliche Ordnung" berufen. So werde eine sogenannte Feminisierung von Kirche und Gesellschaft als Bedrohung dargestellt, da sie "den Mann gefährde und widergöttlich oder widernatürlich sei", so die Assistenzprofessorin am Institut für Systematische Theologie in Innsbruck.
"Gott ist Gott, der und die Lebendige, die sich quer durch die Geschichte hindurch je neu dem Menschen offenbart, um allen ein Leben in der Fülle der Freiheit zu eröffnen", lautet das Fazit von Quast-Neulinger. Deshalb sei Gott in Jesus nicht zum Mann geworden, sondern zum Menschen.
Quelle: kathpress