Synodale: Päpstliches "no basta" wird von vielen nicht mehr akzeptiert
Helena Jeppesen-Spuhler, aus der Schweiz stammende Europa-Vertreterin bei der aktuellen Bischofssynode über Synodalität, erkennt bei der Weltsynode in Rom einen Kulturwandel. Dem Pfarrblatt der katholischen Kirche im Kanton Bern sagte sie laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag: "Ein päpstliches 'no basta' wird von vielen nicht mehr akzeptiert." Bei der Synodeneröffnung hätten die Zwischenberichte der von Papst Franziskus im Frühjahr eingerichteten Kommissionen zu strittigen Fragen, gerade in der Frauenfrage, viele Synodale irritiert "und wir haben jetzt gesagt: 'So geht das nicht.'"
Tatsächlich sei der Protest der Synode erfolgreich gewesen. Jeppesen-Spuhler sagte wörtlich: "Bei der Frauenfrage hat die Synode wirklich so eine Art Rechenschaft verlangt." Die Themen der Kommissionen seien ja direkt aus der Synodenversammlung 2023 gekommen. "Dass wir uns dazu nicht mehr direkt einbringen können, wollten wir nicht akzeptieren. Und der Vatikan hat reagiert: Am 18. Oktober werden die Koordinatoren der Studiengruppen sich den Fragen der Synodenmitglieder stellen", ergänzte sie.
Grummeln wegen Studiengruppen
Im Rahmen des mehrjährigen Synodenprozesses und nach der ersten Session der Bischofssynode hatte Papst Franziskus im März 2024 die Erörterung mehrerer Themen, darunter etwa Priesterausbildung, Gestalt und Dienst des Bischofsamts, aber auch die viel diskutierte Frage zur Rolle von Frauen in der Kirche bzw. einer etwaigen Diakoninnen-Weihe an zehn Studiengruppen weitergereicht - und sie damit für die Beratungen der Synodenversammlung im zweiten Jahr vom Tisch genommen. Vertreter des Synodensekretariats wie Synoden-Sondersekretär P. Giacomo Costa hoben freilich zum Auftakt der Beratungen vergangene Woche mehrfach hervor, dass die Studiengruppen nicht losgelöst von der Synodenversammlung seien, sondern sicherstellen sollen, dass das synodale Arbeiten und Nachdenken auch über den Abschluss der Bischofssynode hinaus weitergehe.
Die Leiter der zehn Studiengruppen berichteten jedenfalls am Eröffnungstag der Synode am 2. Oktober vor den Synodalen über ihre bisherigen Fortschritte. Glaubenspräfekt Kardinal Victor Fernandez kündigte dabei in seinem Bericht ein Schreiben u.a. über die Rolle der Frau und die kirchlichen Ämter und Funktionen ohne sakramentale Weihe an. Dabei sagte er, dass der Papst die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat für nicht ausgereift hält, die Möglichkeit für weitere Studien aber offen bleibe. In der vom Vatikan verbreiteten englischen Fassung des Studienberichts heißt es, dass es nach Einschätzung des Glaubensdikasteriums immer noch keinen Raum für eine positive Entscheidung des Lehramtes über den Zugang von Frauen zum Diakonat, verstanden als ein Grad des Weihesakraments, gibt.
Nach dem Grummeln vieler Synodaler, die es nicht gut fanden, dass die Zwischenergebnisse der zehn Arbeitsgruppen zum Frauenthema und anderen Streitfragen laut Tagesordnung nicht debattiert werden sollten, schlug Synoden-Generalsekretär Kardinal Mario Grech schließlich einen außerplanmäßigen Austausch zwischen den Sprechern und Sprecherinnen der Arbeitsgruppen und den Synodenmitgliedern vor. Zu dem Austausch kommt es nun am Nachmittag des 18. Oktober, an dem die Generalsynode eigentlich frei gehabt hätte.
Jeppesen: Papst soll Entscheidungen begründen
Jeppesen-Spuhler erklärte dem Berner "pfarrblatt", sie sei gespannt, was nun passiere und wünsche sich "so viele mutige Stimmen, wie ich sie hier in den letzten Tagen gehört habe". Zum Beispiel habe eine Ordensfrau aus dem Nahen Osten formuliert: "Wenn Papst Franziskus sagt, die Frage sei nicht reif, dann soll er sagen, aus welchen Gründen." Die schweizerische Synodale sagte, die Synode müsse eine Möglichkeit erhalten, sich zu diesen Gründen zu äußern. Ihr Fazit: "Natürlich hat der Papst den Primat, aber er muss seine Entscheidung begründen. Das will die Synode jetzt."
Wege zu missionarisch-synodaler Kirche
Seit Monatsbeginn beraten bei der Bischofssynode im Vatikan - als Teil eines 2021 vom Papst angestoßenen Reformprojekts - rund 360 Männer und Frauen aus allen Erdteilen über Wege hin zu einer missionarisch-synodalen Kirche. Unter den stimmberechtigten Synodalen sind knapp 270 Bischöfe. Etwa ein Achtel der Teilnehmer sind Frauen, ein Novum in der Kirchengeschichte.
Helena Jeppesen-Spuhler wurde über die Europa-Kontinental-Versammlung während des dreijährigen Weltsynoden-Prozesses als stimmberechtigtes Mitglied der Synodenversammlung in Rom vorgeschlagen und vom Papst ernannt. Eine weitere deutschsprachige Vertreterin aus Europa ist die Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, Anna Mirijam Kaschner.
(Interview mit Jeppesen-Spuhler im Pfarrblatt der katholischen Kirche im Kanton Bern: https://www.kathbern.ch/pfarrblatt/news-artikel/helena-jeppsen-spuhler-ein-paepstliches-no-basta-wird-nicht-mehr-akzeptiert)
Quelle: kathpress