Wiener Priester: "Das Leben im Libanon ist unerträglich geworden"
Von unerträglichen Zuständen im Libanon hat der Wiener melkitisch-katholische Priester Hanna Ghoneim Dienstagfrüh im Kathpress-Interview berichtet. Mit dem militärischen Einmarsch Israels werde die Lage immer katastrophaler, warnte Ghoneim. Er leitet das Hilfswerk "Korbgemeinschaft", das in Syrien tätig ist. Ghoneim war gemeinsam mit zwei österreichischen Begleitern in Syrien im Einsatz und wollte vor etwa zehn Tagen über Beirut zurück nach Österreich reisen. Die kleine Gruppe strandete in der libanesischen Hauptstadt. Seine Begleiter konnten nach einigen Tagen über Saudi Arabien ausreisen, Ghoneim gelang es am Montagabend, zurück nach Österreich zu kommen.
Ghoneim wörtlich: "Jeden Tag gibt es brutale Luftangriffe auf Beirut, die die Menschen in Panik versetzen. Niemand versteht, was sich auf politischer und militärischer Ebene abspielt. Überall fühlt man sich verunsichert."
Zudem sei die humanitäre Lage deprimierend: "Viele Flüchtlinge sieht man in öffentlichen Gärten, an Straßenrändern und Plätzen. Frauen mit Kindern schlafen unter freiem Himmel." Die meisten Flüchtlinge seien aber Gott sei Dank in Schulen aufgenommen worden.
Besonders tragisch sei auch das Schicksal der syrischen Flüchtlinge im Libanon. Viele wollten zurück nach Syrien, die Grenzen seien überfüllt, der Weg dorthin nicht ungefährlich. Zu den Syrern kämen auch unzählige Libanesen, die in Syrien Schutz suchen. Erschwerend komme für die syrischen Flüchtlinge hinzu, dass ihre im Libanon geborenen Kinder keine Papiere hätten, um nach Syrien einreisen zu können.
Die Kirchen im Libanon und in Syrien stünden vor immensen Herausforderungen, um die Not der Menschen zu lindern, so Ghoneim. Dafür brauche es auch dringend Spenden.
Die kirchliche Stiftung "Korbgemeinschaft - Hilfe für Syrien" ist in verschiedenen Regionen Syriens tätig. Protektor der Stiftung ist der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn. (Infos und Spenden: www.korbgemeinschaft.at)
Kirchliche Schulen in Bedrängnis
Von dramatischen Zuständen berichtet auch das in Linz ansässige Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient" (ICO). Die ICO unterstützt kirchliche Einrichtungen im Libanon, darunter auch jene der Barmherzigen Schwestern, die in Beirut eine Schule für die Geflüchteten, geöffnet haben. Junge Männer hätten am Wochenende aber mitten in der Nacht das Tor einer weiteren Schule des Ordens aufgebrochen, woraufhin eine größere Zahl von Familien das Areal besetzten und seitdem jedes Klassenzimmer und auch die Zimmer der Schwestern okkupiert werden. Die Familien waren vor den schweren israelischen Luftangriffen auf ihre Heimatorte im Südlibanon geflohen und "sind offenbar der Überzeugung, in einer katholischen Schule besser geschützt zu sein", hieß es.
Dass dem nicht so ist, zeigt allerdings das Beispiel der ersten Schule im muslimischen Teil Beiruts, die die Schwestern bereits für Geflüchtete geöffnet hatten. Bei der Bombardierung eines neben der Schule befindlichen Gebäudes durch die israelische Luftwaffe wurde auch die Ordensschule beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen. Personen kamen in der Schule aber nicht zu Schaden.
Die ICO bittet dringend um Spenden für eine kirchliche Suppenküche in Beirut, die täglich 2.000 Mahlzeiten für die Geflüchteten und weitere Menschen in Not zur Verfügung stellt. (Infos und Spenden: www.christlicher-orient.at)
Verbliebene Christen im Südlibanon
Das Hilfswerk "Kirche in Not" hat am Dienstag in einer Aussendung darauf aufmerksam gemacht, dass trotz anhaltender Luftangriffe noch etwa 9.000 Christen in Dörfern im Südlibanon ausharren würden. KiN bezieht sich dabei auf einen Bericht von Schwester Maya El Beaino von der Kongregation der Schwestern Jesu und Mariens. Sie hält sich nach wie vor in Ain Ebel auf, einer Ortschaft, die überwiegend von Christen bewohnt wird und nur wenige Kilometer von der Grenze zu Israel entfernt liegt. El Beaino: "Es gibt hier kein Krankenhaus in der Nähe, wir haben nur drei Stunden Strom am Tag und kein Wasser."
Ihr Kloster St. Joseph betreibt eine Schule, die Kinder aus 32 umliegenden Dörfern besuchen. Doch aufgrund der Sicherheitslage musste der Präsenzunterricht jetzt ausgesetzt werden. "Die Kinder wären hier nicht sicher", zeigte sich Schwester Maya besorgt. Umso dankbarer seien viele Menschen für die Präsenz von Priestern und Ordensschwestern. Auch in der benachbarten Ortschaft Rmeich seien noch zwei Ordensgemeinschaften geblieben und kümmerten sich um die Verteilung von Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs. El Beaino: "Die Situation ist schrecklich. Danke für Ihre Gebete, für jede Unterstützung." (Infos und Spenden: www.kircheinnot.at)
Salesianer Don Boscos helfen Geflüchteten
Angesichts der humanitären Krise im Libanon haben auch die Salesianer Don Boscos ihre Türen für geflüchtete Familien geöffnet. In ihrer Schule in El-Houssoun im nördlichen Distrikt Jbeil bieten sie mehr als 100 Geflüchteten, darunter viele Kinder, Zuflucht, teilte die Don Bosco Mission Austria am Dienstag mit.
Die Menschen stammten überwiegend aus den vom Konflikt betroffenen Gebieten im Süden des Landes. "Sie kommen mit nichts an und wir tun alles, um ihnen unsere Hilfe und einen sicheren Ort zu bieten", berichtete Provinzial P. Simo Zakerianaus Al-Houssoun. Neben der Unterbringung der Geflüchteten würden die Salesianer auch Notfallhilfe und psychologische Unterstützung leisten.
"Hilfe für die Menschen im Libanon ist dringend notwendig", so Bruder Günter Mayer, Geschäftsführer von Don Bosco Mission Austria: "Tausende Flüchtlinge, die bereits in den vergangenen Jahren vor dem Krieg und dem katastrophalen Erdbeben in Syrien geflohen waren, stehen jetzt erneut vor dem Nichts."
Die Salesianer Don Boscos sind seit 1952 im Libanon. Sie bieten Bildungsprogramme, wie die "Don Bosco Technical Institute" in Fidar und die "Angel for Peace"-Schule in Beirut und betreiben weitere Einrichtungen für Jugendliche. Neben der Bildungsarbeit engagieren sich die Salesianer auch in der Notfallhilfe vor Ort. (Infos und Spenden: https://www.donboscomissionaustria.at/)
Quelle: kathpress