Bischofssynode: "Königsweg" oder überzogener binnenkirchlicher Fokus?
Wenn am 2. Oktober in Rom die 368 stimmberechtigten Teilnehmer in Rom zur abschließenden Vollversammlung der laufenden Weltsynode über Synodalität zusammenkommen, stehen sie zweifellos unter großem Erwartungsdruck: Wird der Spagat gelingen, zum einen den Reform-Hoffnungen gerecht zu werden - zum anderen jedoch die kirchliche Einheit zu wahren? Die Breite der Themen gestattet auch eine hohe Varianz an theologischen Einschätzungen. Zeugnis davon geben zwei Gastbeiträge der Wiener Theologin Prof. Regina Polak und des Wiener Theologen Prof. Jan-Heiner Tück in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche". Sieht Tück im Synodalen Prozess einen "Königsweg" zeitgemäßer Kirchenentwicklung, überwiegt bei Polak die Sorge vor einem zu binnenkirchlich ausgerichteten Fokus.
Mit Blick auf das Vorbereitungsdokument ("Instrumentum laboris") sieht Tück vor allem zwei Fragen im Fokus der Beratungen der Synode: Die Frage nach Maßnahmen gegen "toxische Effekte des Klerikalismus", die zuletzt "in Finanzskandalen und dem Problem des sexuellen Missbrauchs und dessen Vertuschung manifest geworden" seien; zudem Maßnahmen zu einer "wirksamen Förderung von Frauen in der Kirche".
Beim Thema Klerikalismus ortet der Theologe im Ruf nach mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht bischöflicher Entscheidungen gleichzeitig eine implizite römische Kritik am deutschen Reformprozess "Synodaler Weg". Indem das römische Arbeitsdokument die bischöfliche Leitungsvollmacht als "unantastbar" fasst, spreche es damit eine Absage an das Konzept einer freiwilligen Selbstbindung der Bischöfe an synodale Mehrheitsentscheidungen aus, wie dies das Konzept eines "Synodalen Rates" vorsieht. Zweifellos notwendig sei indes mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Ausübung der bischöflichen Vollmacht, so Tück.
Im Blick auf die "Frauenfrage" seien "längst noch nicht alle vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft", um der Kirche "ein stärker weibliches Gesicht zu geben", zeigte sich Tück überzeugt. Zwar stehe nicht zu erwarten, dass Franziskus das Nein seines Vorgängers zur Priesterweihe von Frauen zurücknimmt, dennoch habe er immerhin schon dafür gesorgt, dass Frauen an der Bischofssynode teilnehmen und auch viele Funktionen in der Kirche wahrnehmen können - bis hin zur Leitung von Dikasterien. "Man darf gespannt sein, was das synodale Großereignis in Rom darüber hinaus bringen wird. Videbimus!", so Tück abschließend.
Polak: "Dominanz binnenkirchlicher Themen"
Deutlich skeptischer zeigte sich in ihrem Gastbeitrag die Theologin Regina Polak. Gewiss werde die Synode sich vor allem damit befassen, "eine synodale Kultur weiterzuentwickeln" und auch autoritäres und klerikales Fehlverhalten in dem Zusammenhang klar zu benennen und einzudämmen. Die großen weltkirchlichen Unterschiede und unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die etwa bei der "Frauenfrage" oder der Sexualmoral deutlich würden, könnten jedoch zu einigen Enttäuschungen führen. Nach wie vor scheine es in Rom zudem "wenig Bewusstsein" dafür zu geben, dass die Veränderung kirchlicher Strukturen auch als ein Zeichen des Heiligen Geistes gedeutet werden könnte.
Die Probleme der westeuropäischen Katholikinnen und Katholiken würden in diesem vielstimmigen weltkirchlichen Konzert immer weniger gehört - fast scheine es, als habe Rom "diese Region weltkirchlich aufgegeben"; dabei hätten die Vertreter europäischer Kirchen viel einzubringen, appellierte Polak. Insgesamt blicke sie jedoch eher sorgenvoll auf die Ausrichtung der Synode, bei der sie eine "Dominanz binnenkirchlicher Themen" feststelle. "So wichtig der innere Kulturwandel ist: Eine Kirche mit Fokus auf Selbstfindung verabschiedet sich von ihrer gesellschaftlichen Relevanz". Es sei insofern auch "irritierend", wie "oberflächlich und allgemein" zentrale Themen wie Friede, Schöpfung, Armut und Migration aufgegriffen würden, so Polak weiter. Diese hätten schließlich auch religiöse Implikationen.
Polak abschließend: "Die im Vergleich zu binnenkirchlichen Themen wenigen Absätze zur Weltsituation lassen befürchten, dass die Kirche diesen Kairos verschläft. Den Teil der Menschheit, der hierzulande lebt, werden rein interne Belange wenig berühren. Das ist nicht nur das Schlimmste, was am Ende der Synode passieren kann; es ist ein Verfehlen der Sendung für diesen Teil der Erde."
Quelle: kathpress