Pilgerhospiz-Rektor: Heiliges Land braucht "Orte der Begegnung"
Der Rektor des Österreichischen Pilger-Hospizes in Jerusalem, Markus Bugnyar, ist vorsichtig optimistisch, dass es im Nahen Osten zumindest zu keiner "totalen Eskalation" kommen wird. Zugleich habe er das Gefühl, dass die Konfliktparteien Interesse daran hätten, den Krieg noch in die Länge zu ziehen. Bugnyar äußerte sich im Rahmen der Präsentation seines neuen Buches "Irdisches Jerusalem. Über Heiliges und Schwieriges" am Dienstagabend in Wien.
Er sehe derzeit keine Basis dafür, dass sich Israelis und Palästinenser wieder an einen Tisch setzen und sachlich nach Konfliktlösungen suchen. Dennoch müsse dafür stets gearbeitet werden, so Bugnyar. Christliche Einrichtungen im Heiligen Land wie das Pilgerhospiz in der Jerusalemer Altstadt hätten in dieser Hinsicht die wichtige Aufgabe, "Orte der Begegnung" bereitzustellen.
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund habe er sich auch dazu entschieden, das direkt an der Via Dolorosa gelegene Pilger-Hospiz trotz des jüngsten Konflikts offen zu halten, erklärte der Rektor. Denn als eine der wenigen Einrichtungen Jerusalems würden das Gästehaus und das dortige "Café Triest" sowohl von Israelis als auch von Palästinensern besucht. Die Angestellten seien alle Palästinenser. Die Spannungen zwischen den beiden Gruppen seien oft deutlich spürbar, doch in der gegenwärtigen dramatischen Situation zähle schon der gemeinsame Aufenthalt in einem Raum als Hoffnungszeichen. Bugnyar berichtete zudem, dass es auch noch kleinere Gruppen von Palästinensern und Israelis gibt, die sich zum Gebet für den Frieden träfen.
Kritisch bewertete der Rektor den offiziellen Dialog zwischen Judentum, Islam und Christentum. Es gebe kaum gemeinsame Erklärungen oder Initiativen, außer wenn es darum gehe, gegen die jährliche Love-Parade aufzutreten. Eine gemeinsame Friedenserklärung sei hingegen nicht möglich. Das Verhältnis von Religion und Politik sei im Heiligen Land ein anderes als in Europa.
Stets die Balance wahren
Gemeinsam mit Bugnyar bestritt am Dienstagabend bei der Buchpräsentation im Wiener Curhaus der Journalist Tim Cupal das Podium. Cupal war zuletzt bis Ende Juni fünf Jahre lang ORF-Korrespondent in Israel und leitete das Korrespondentenbüro in Tel Aviv. Er äußerte sich im Blick auf die "totale Eskalation" weniger optimistisch als Bugnyar und befürchtete, dass der dritte Libanonkrieg bereit begonnen habe. Cupal berichtete, dass die Zeit in Israel und Palästina die bislang herausforderndste in seinem beruflichen Leben gewesen sei. Es galt, stets die Balance zu wahren, jede Aussage zu überprüfen, immer den Kontext im Auge zu behalten bzw. darzustellen und oft auch um jedes einzelne Wort zu ringen.
Er habe viele Freunde sowohl auf israelischer als auch palästinensischer Seite, so Cupal weiter. Von seinen Freunden in Gaza sei allerdings die Hälfte bereits getötet worden.
Der Journalist wies zudem darauf hin, dass er in seiner Arbeit immer auch die Christen im Heiligen Land in den Blick nehmen wollte. Diese Minderheit werde nur allzu oft in der öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet bzw. gerate auch zwischen die Fronten.
Einblicke ins österreichische Pilgerhospiz
In seinem im "Be+Be"-Verlag erschienenen Buch gibt Markus Bugnyar, der seit 20 Jahren Rektor des Pilger-Hospizes ist, vielfältige Einblicke in sein Arbeitsleben vor Ort. Zugleich präsentiert das reich bebilderte Werk auch die heiligen Stätten von Jerusalem, Bethlehem und Nazareth, den See Genezareth oder den Berg Tabor. Bugnyar wirft sehr persönliche Blicke hinter die Kulissen der Stadt und dessen Grundkonflikt, und er nimmt auch ausführlich zur Situation seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 Stellung. Jedem im Heiligen Land sei rasch klar geworden, "dass wir seit dem 7. Oktober in ganz anderen Zeiten leben", sagte er bei der Buchpräsentation.
Ältestes nationales Pilgerhaus
Der 49-jährige Bugnyar leitet seit Mai 2004 das Österreichische Pilger-Hospiz zur Heiligen Familie in Jerusalem. Das Pilgergästehaus mit 124 Betten, Kapelle und dem hauseigenen "Café Triest" liegt direkt an der Via Dolorosa. 1854 gegründet, ist es das älteste nationale Pilgerhaus im Heiligen Land. Das Österreichische Hospiz befindet sich nach einer bewegten Geschichte, während der es mehrfach beschlagnahmt und u.a. als Waisenhaus, Internierungslager, Offiziersschule und Spital genutzt wurde, seit 1985 wieder im Besitz der katholischen Kirche. 1988 wurde es nach einer Renovierung als Pilgerhospiz wiedereröffnet.
Bugnyar war nach Studien an der Universität Wien und im Theologischen Studienjahr der Jerusalemer Dormitio-Abtei im Jahr 2000 zum Priester der Diözese Eisenstadt geweiht worden. Er wirkte zunächst als Kaplan in Mattersburg und Waldersdorf. Von 2001 bis zu seiner Berufung zum Pilger-Hospiz-Rektor studierte Bugnyar an der von französischen Dominikanern geführten Hochschule für Bibelwissenschaft und Biblische Archäologie in Jerusalem. 2022 wurde er zudem vom Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, zum Ehrenkanoniker des Patriarchalkapitels des Heiligen Grabes von Jerusalem ernannt.
(Buchinfo: Markus St. Bugnyar, "Irdisches Jerusalem. Über Heiliges und Schwieriges". Be+Be-Verlag, ISBN 978-3-903518-17-9, Euro 24,90)
(Website Österreichisches Pilger-Hospiz zur Heiligen Familie: https://www.austrianhospice.com)
Quelle: kathpress