Die katholische Weltsynode vor der entscheidenden Runde
Seit 2021 beraten katholische Bischöfe, Theologen und Laien in einem weltweiten Synodalen Prozess über eine grundlegende Reform der Kirche. Ein Ziel: Gemeinsames Beraten soll künftig die Kleriker-Macht ersetzen. In Rom stimmt nun bald die Weltsynode darüber ab.
Fast vier Wochen lang wird im Vatikan die Generalversammlung der Bischofssynode tagen. Sie beginnt formal am 2. und endet am 27. Oktober jeweils mit einem feierlichen Gottesdienst im Vatikan. Beraten und abstimmen werden 368 Männer und Frauen aus allen Erdteilen, die als sogenannte "membri" (Mitglieder) von den Bischofskonferenzen gewählt oder von Amts wegen bzw. vom Papst direkt ernannt worden sind. 96 von ihnen, also rund ein Viertel, sind keine Bischöfe, sondern Priester, Diakone, Ordensleute oder Laienchristinnen und Laienchristen.
Erstmals in der Geschichte der katholischen Bischofssynoden sind bei der zweiteiligen Synode über Synodalität auch Frauen mit Stimmrecht dabei. Wie schon bei der ersten Session vor genau einem Jahr werden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in der vatikanischen Audienzhalle an runden Tischen sitzen, gleichberechtigt reden, einander zuhören und abstimmen. Nur Vorschläge, die eine Zweidrittel-Mehrheit erhalten, werden am Ende dem Papst zur Entscheidung vorgelegt.
Trotz dieser für katholische Verhältnisse fast schon revolutionären Rahmenbedingungen erwarten Beobachter zunächst keine sensationellen Entscheidungen bei bestimmten inhaltlich strittigen Fragen wie Zölibat oder Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern. Denn Papst Franziskus hat vorab entschieden, dass diese Fragen in ausgelagerten Arbeitsgruppen debattiert und zur Entscheidungsreife gebracht werden sollen.
Diese Arbeitsgruppen werden zu Beginn der Synode Zwischenberichte abgeben, die aber vermutlich nicht direkt in die Debatten und Beschlüsse der Synode einmünden werden. Vorschläge wie die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern hätten angesichts der Zusammensetzung der Synode vermutlich ohnehin keine Zweidrittelmehrheit erhalten. Mit der Entscheidung hat der Papst also viel Zündstoff und auch Frustrationspotenzial für die nunmehrige Versammlung aus dem Weg geräumt.
Synode zum Modus Operandi der Kirche
Bei der Weltsynode geht es also insbesondere um eine neue Kultur der gemeinsamen Beratung und von Reformprozessen innerhalb der Kirche. Im Juli legten Papst und Synodensekretariat den dazugehörigen Vorbereitungstext als inhaltliche Richtschnur für die Beratungen, das sogenannte Instrumentum laboris, vor. Es trägt den Titel "Wie wir eine missionarisch-synodale Kirche sein können".
"Die Synodalität ist zentral für das Pontifikat von Franziskus, aber es gibt eine Kontinuität mit früheren Synoden rund um Gemeinschaft, Partizipation und Mission", sagte Kardinal Christoph Schönborn dieser Tage in einem Interview der französischen Zeitung "Famille chretienne". "Man mag enttäuscht sein, dass die konkreten Themen ein wenig in der Luft hängen, aber es handelt sich in erster Linie um eine Synode über den Modus Operandi innerhalb der Kirche", so der Wiener Erzbischof, der selbst dem Synodenrat im Vatikan angehört.
Wege zu einer "synodalen Kirche"
Dass einige "heiße Eisen" ausgeklammert wurden, bedeutet aber nicht, dass bei der Weltsynode Langeweile aufkommen wird. Denn die von Papst Franziskus vorgegebene Aufgabe bleibt spannend: Es geht darum, Wege zu einer "synodalen Kirche" zu finden - und diese Wege auf allen Ebenen, vom Vatikan über die Diözesen bis hinunter in die einzelnen Gemeinden, zu verwirklichen. Dazu müssen, wie es im Instrumentum Laboris heißt, klerikale und intransparente Beratungs- und Entscheidungswege überwunden werden.
An ihre Stelle sollen gemeinschaftliche
Beratung, Transparenz und Rechenschaftspflicht treten; allesamt Haltungen und Tugenden, an denen es in der katholischen Kirche vielerorts mangelt - wodurch Machtmissbrauch, sexualisierte Gewalt und Vertuschung von Straftaten begünstigt wurden. So formuliert das von den Kardinälen Jean-Claude Hollerich und Mario Grech verantwortete Arbeitspapier: "In unserer Zeit ist die Forderung nach Transparenz und Rechenschaftspflicht innerhalb der Kirche und durch die Kirche als Folge des Glaubwürdigkeitsverlustes aufgrund von Finanzskandalen und insbesondere des sexuellen und sonstigen Missbrauchs von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen aufgekommen."
Kritisiert wird der "Klerikalismus, der auf der impliziten Annahme beruht, dass geweihte Amtsträger niemandem gegenüber für die Ausübung der ihnen verliehenen Autorität rechenschaftspflichtig seien". Um das zu ändern, wird gefordert, dass für die Kirche "Rechenschaftspflicht und Transparenz im Mittelpunkt ihres Handelns stehen müssen, und zwar auf allen Ebenen".
Mitwirkung der Laien
Ein anderes zentrales Anliegen des Papstes für die Synode ist die Beteiligung des "Volkes Gottes" am Leben der Kirche. Das gilt für die Gottesdienste, aber auch für wichtige Entscheidungen über die Zukunft der Kirche. Das, was die Weltsynode im Großen vormacht - also die Mitwirkung der Laien - soll auch im Kleinen, an der kirchlichen Basis umgesetzt werden.
Für die Katholiken im deutschsprachigen Raum, wo schon seit den 1970er Jahren die Laien aktiv an der Gestaltung der Gottesdienste mitwirken und die Pfarrer in etlichen Fragen nicht mehr ohne Pfarrgemeinderäte oder Kirchenvorstände entscheiden können, ist dieser Teil nicht wirklich neu.
"Heilsame Dezentralisierung"
Synoden-Beobachter aus Österreich, Deutschland oder der Schweiz werden daher eher einen anderen Aspekt der möglichen Struktur-Reform aufmerksam in den Blick nehmen. Er wird meist unter dem Stichwort Dezentralisierung oder Regionalisierung der Kirche verhandelt.
So wird im Arbeitspapier vorgeschlagen, "die nationalen Bischofskonferenzen als kirchliche Subjekte anzuerkennen, die mit lehrmäßiger Autorität ausgestattet sind". Damit soll die Möglichkeit einhergehen, die "liturgischen, disziplinären, theologischen und spirituellen Ausdrucksformen zu fördern, die auf die verschiedenen soziokulturellen Kontexte abgestimmt sind". In Normalsprache übersetzt bedeutet das: Die einzelnen Bischofskonferenzen sollen mehr Möglichkeit erhalten, mit der Kirche in ihrem Land eigene Wege zu gehen.
Ob dies dann sogar Fragen wie den Zölibat oder die Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern beinhaltet, sagt der Text nicht ausdrücklich. Er führt lediglich aus, es solle die "von Papst Franziskus angemahnte und von vielen Bischofskonferenzen geforderte 'heilsame Dezentralisierung' geben".
Erhebliche Unterschiede in Weltkirche
Mit einer Reform der katholischen Weltkirche in Richtung mehr Dezentralisierung und Laien-Mitbestimmung geht Papst Franziskus - falls die Synode dies alles beschließt - auch manche Risiken ein. Schon heute sind innerhalb der Weltkirche die Unterschiede erheblich.
Der Papst muss in seiner Person und in seinem Amt "den Laden zusammenhalten". Diese Aufgabe wird nicht leichter, falls sich die Synode im Oktober tatsächlich für mehr Dezentralisierung und mehr Eigenständigkeit der einzelnen Bischofskonferenzen ausspricht.
(Offizielle Website der Bischofssynode: https://www.synod.va; Österreich-Website zum Synodalen Prozess: https://www.katholisch.at/synodaler-prozess-bischofssynode)
Quelle: kathpress