Sturm-Graz-Fans Lackner und Krautwaschl philosophieren über Fußball
Die beiden aus der Steiermark stammenden Bischöfe Wilhelm Krautwaschl (Graz-Seckau) und Franz Lackner (Salzburg) sind treue, wenn auch nicht verbissene Fans des steirischen Fußballklubs Sturm Graz und wissen auch launig über diesen Volkssport zu plaudern: Das zeigt sich im jüngst erschienenen Buch "Doublejubel" über die Erfolge des populären Vereins in der vergangenen Bundesliga-Saison mit dem Meister-Titel und Cupsieg, in dem die beiden in einem Doppelinterview Auskunft über ihre langjährige Leidenschaft geben und über Parallelen und Unterschiede zwischen Glauben und Fußball philosophieren.
Der gebürtige Oststeirer Franz Lackner ist laut eigener Aussage Sturm-Fan, "seit ich denken kann", und hat diese Vorliebe auch nach seinem Wechsel 2013 nach Salzburg nicht abgelegt. Dem dort heimischen Klub Red Bull wünsche er, "dass sie Erster werden - hinter Sturm Graz", habe er vor der Saison einem Journalisten unverblümt gesagt. In seiner Bischofsstadt wisse man um seine Ausrichtung, "bei Red Bull Salzburg lassen sie aber viel durchgehen". Und immer wenn Sturm in Salzburg spielt, werde er zum Besuch eingeladen - was er aus Zeitgründen nur selten wahrnehmen könne, so Lackner.
Von Gebeten im Sinne von "Lieber Gott, hilf, dass Sturm gewinnt" sehe er ab, sagte der Erzbischof. "Ich mache, was auch manche Spieler tun, wenn sie den Rasen betreten: Man blickt zum Himmel und seufzt - wobei: Seufzen ist ja eigentlich schon eine Form von Beten."
Lackner schwärmt heute noch vom "magischen Dreieck", gebildet von den Fußballkönnern Ivica Vastic, Mario Haas und Hannes Reinmayr in der erfolgreichen Ära unter Trainer Ivica Osim. "Wenn damals die Wahl zum Fußballer des Jahres anstand, habe ich am Ende einer Messe immer gesagt: 'So, liebe Leute, bitte immer für den Haas stimmen!'", der ein "einzigartiger Goalgetter" gewesen sei. Auch Osim, legendärer Sturm-Trainer von 1994 bis 2002, habe ihn "unheimlich fasziniert", erzählte Lackner. "Ich habe ja Philosophie studiert und kann sagen: Osim war ein Philosoph."
"Liebe deine Feinde" auch beim Fußball?
Bischof Krautwaschl erzählte, dass er vor dem Cupfinale gegen Rapid Wien - bei dem er nicht dabei sein konnte - eine Messe mit dem Klub-Präsidenten Christian Jauk und dem Vorstand feierte, wie auch schon vor dem Cupsieg von Sturm Graz im Jahr 2018. Angesprochen auf die Lokalrivalität mit dem heuer in die höchste Spielklasse aufgestiegenen GAK (dessen Anhänger der ebenfalls aus der Steiermark stammende Innsbrucker Bischof Hermann Glettler ist) berichtete Krautwaschl von Einschätzungen seiner Mitarbeiter, "dass es zwischen Sturm-Fans und GAKlern bisweilen fast nicht auszuhalten ist". Die Diözese Graz-Seckau plane eine Initiative mit dem Ziel, "bewusst zu machen, dass Fan-Sein nicht heißt, den anderen runterzumachen". Der Grazer Bischof: "Wir wollen Rivalität, aber mit Respekt."
Er selbst versuche das vorzuleben, berichtete Krautwaschl: Als steirischer Bischof sehe er sich Matches auch der Liga-Konkurrenten GAK und Hartberg an "und mein Dress ist dann halt immer unterschiedlich". Beim GAK sei das Hemd gemäß den Vereinsfarben rot und in Hartberg blau. "Schwarz-weiß bin ich ja sowieso."
Diese Farb-Flexibilität veranlasste Erzbischof Lackner zu einem amtsbrüderlichen Tadel: "Das geht ja überhaupt nicht." Auch das von Krautwaschl bei der Sturm-GAK-Versöhnungsinitiative ins Treffen geführte biblische Motto "Liebe deine Feinde" kommentierte Lackner trocken: "Das geht beim Fußball nicht. Respektieren ja. Aber lieben? Nein."
"Liturgieähnliche Elemente" im Fußball
Lackner benannte Parallelen zwischen einem Trainer und einem Bischof: "Du musst schauen, dass das Werkl läuft." Beide gäben einen Plan, eine Idee, eine Philosophie vor, "und dann stehst du am Rand und die Spieler entdecken ihre Eigenständigkeit. Draußen kannst du schreien, wie du willst, es hilft nichts, die Spieler spielen anders. So erlebe ich es wirklich oft und das gefällt mir irgendwie."
Auch Krautwaschl sieht in beiden Rollen Einfühlungsvermögen gefordert, "man muss einem Spieler im richtigen Moment das Richtige sagen. Hinhören und den richtigen Ton finden", empfahl der Bischof. Sogar "liturgieähnliche Elemente" erkennt Krautwaschl im Fußball - etwa das Hochhalten von Kelch bzw. Pokal oder das Zeremonielle des Ablaufs. "Die Liturgie ist ein heiliges Spiel, wir spielen halt mit Gott." Dazu Lackner: "Unser Spiel dauert ein Leben lang, es gibt keine Pausen."
Das Buch "Doublejubel" - laut der Vereinsführung eine "Pflichtlektüre für alle Sturmfans" - schildert, wie "die langjährige Dominanz des Ligakrösus aus Salzburg" gebrochen wurde und Sturm "in einem wahren Herzschlagfinish" zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte das Double mit Siegen in Meisterschaft und Cup errang. Der 256-Seiten-Band, herausgegeben von Martin Behr und Christian Wiedner, ist am 5. September erschienen und unter shop.sksturm.at zum Preis von 24,99 Euro erhältlich.
Sturm Graz und die Caritas Steiermark kooperieren anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der kirchlichen Hilfsorganisation: "Tag.werk" - ein nachhaltiges Fair-Trade-Projekt der Caritas für sozial benachteiligte Jugendliche - produzierte in den vergangenen Wochen Taschen (100 Euro) und Rucksäcke (79 Euro) mit dem Logo "Sturm hilft". Der gesamte Verkaufserlös kommt der Caritas Steiermark zugute, kündigt der Klub auf seiner Website an (https://sksturm.at/n/caritas--kooperation-limitierte-sturm-hilft-taschen).
Quelle: kathpress