Schwarz: In Politik darf es nicht nur um Macht oder Ideologie gehen
Der St. Pöltner Diözesanbischof Alois Schwarz hat im Rahmen eines Interviews mit den "Niederösterreichischen Nachrichten" (NÖN, Ausgabe 11. September) dazu aufgerufen, den Menschen und das Gemeinwohl stärker in den Mittelpunkt des politischen Handelns zu rücken. Im Vorfeld der Nationalratswahlen betonte Schwarz die Verantwortung der Politik, nicht bloß Machtverhältnisse und Ideologien durchzusetzen, sondern sich am Wohl der Bürgerinnen und Bürger zu orientieren. Politik sei eine "vornehme Form der Nächstenliebe", so Schwarz, seit 2018 Bischof der Diözese St. Pölten: "Wenn man das im Hinterkopf hat, weiß jeder Politiker, wie die Entscheidung zu treffen ist."
Mit Blick auf den aktuellen Wahlkampf riet Schwarz der Politik, "den Menschen in seiner Würde, in seiner Suche nach Lebenssinn und Lebenserfüllung" nicht aus dem Auge zu verlieren. Er betonte, dass Politikerinnen und Politiker ihre Verantwortung zum Wohle aller ausüben sollten. Den Wahlkampf selbst bezeichnete der Bischof "als eine Auseinandersetzung auf einer Bühne, wo es um Sympathisanten, um Zuschauer, um Kritiker geht". Plakate, Slogans und Botschaften wolle er nicht kommentieren.
Gleichzeitig mahnte der Bischof ein, dass auch die Bevölkerung mehr Wertschätzung für das politische Engagement entgegenbringen sollte. Politik nannte Schwarz "eine herausfordernde Aufgabe, ein aufopfernder Dienst" und er danke daher allen, "die in der Politik Verantwortung übernehmen".
Wachsende gesellschaftliche Spaltung
Zu den Herausforderungen der vergangenen Jahre - wie den Ukraine-Krieg, Klimawandel und Covid-Pandemie - äußerte sich der Bischof besorgt: Die Krisen hätten "die Menschen innerlich sehr verändert", so Schwarz. Er warnte zudem vor einer zunehmenden Individualisierung und rief dazu auf, das "Miteinander" zu stärken, da "die Welt unser gemeinsames Haus" sei, das man gemeinsam gestalten sollte. "Und da braucht es ein Aufeinanderschauen, ein Rücksichtnehmen, ein Sich-manchmal-Zurücknehmen", so der Bischof wörtlich.
Sechs Jahre Bischof in St. Pölten
Seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren arbeite er daran, die Diözese St. Pölten zu modernisieren und gleichzeitig das religiöse Leben zu stärken, betonte Schwarz im Interview; er war zuvor von 2001 bis 2018 Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt.
Als das Entscheidendste betrachtete Schwarz, Gott nicht aus dem Alltag zu verdrängen: "Dort, wo Gott vergessen wird und der Mensch sich in den Mittelpunkt spielt, wird das Miteinander fast unmöglich", sagte er. Positiv strich der Bischof dabei Initiativen wie die Jugendtage in Wieselburg und eine Wallfahrt nach Rom hervor - die sowohl den Glauben als auch die menschliche Persönlichkeit stärken würden. "Also wir haben Initiativen, die wir fördern, um deutlich zu machen, dass die Katholische Kirche in diesem Land ein Träger der Kultur, des Glaubens und der Stärkung der menschlichen Persönlichkeit ist."
Auch organisatorische Änderungen wurden in der Diözese umgesetzt: So wurden Pfarrverbände und Regionalbegleiter etabliert, um eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden zu fördern. Ziel sei es, eine religiöse Heimat in den Regionen zu stärken. Mit Blick auf die Zukunft der Kirche meinte Schwarz, dass es darum gehe, die Kraft und mystische Kraft der spirituellen Angebote der Kirche freizulegen.
Pläne der Diözese
Überdies gab Schwarz Einblicke in die bevorstehenden Pläne der Diözese, etwa zu einer Initiative zum Wiedereintritt in die Katholische Kirche im Rahmen des Heiligen Jahres 2025 sowie die Übersiedlung des Kremser Standorts der Katholisch-Pädagogischen Hochschule nach St. Pölten. Letzteres solle mehr Studierende, insbesondere aus dem Mostviertel, ansprechen. Zudem wurde eine neue Bildungsplattform ins Leben gerufen, die sämtliche kirchlichen Bildungsangebote bündelt.
Bezüglich der Erwachsenenbildung sah der Bischof große Herausforderungen, insbesondere in Zeiten von Künstlicher Intelligenz und Social Media. Hier seien kreative Lösungen gefragt.
Quelle: kathpress