Wien: Aktion "Zelte gegen Armut und Wohnungsnot"
Leistbares Wohnen ist für viel Menschen eines der wichtigsten Themen im Alltag. In der öffentlichen Debatte spiegle sich das aber nicht entsprechend wider, befanden einige Hilfsorganisationen. Die Armutskonferenz, Amnesty International Österreich und die "Plattform Sichtbar Werden" luden deshalb am Freitag zum Aktionstag "Zelte gegen Armut und Wohnungsnot" in den Wiener Resslpark, wo mehrere Zelte aufgestellt wurden und Betroffene sowie Vertreter der Organisationen Rede und Antwort standen.
Martin Schenk, Mitbegründer der Armutskonferenz und Sozialexperte der Diakonie, erklärte, dass sehr viele Menschen unter zu hohen Wohnkosten leiden würden. Er forderte Investitionen in den sozialen und gemeinnützigen Wohnbau. Diese würden die Mieten auch im privaten Bereich senken. Schenk schlug vor, eine Wohnbau-Investitionsbank zu gründen, die sich Geld von der europäischen Investitionsbank abhole, um Wohnbauträger zu unterstützen. Dass das Thema bereits seit so langer Zeit drängend sei, liege daran, dass zu wenig investiert werde. Dabei würden Investitionen im Bereich "Leistbares Wohnen" viele positive Effekte auf die Konjunktur haben, argumentierte Schenk.
Sozialhilfegrundsatzgesetz aktuell menschenrechtswidrig
Die Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, Shoura Zehetner-Hashemi, betonte im Interview mit Kathpress, dass es die menschenrechtliche Verpflichtung Österreichs sei, soziale Grundrechte zu sichern. Zu diesen gehöre "das Recht auf Wohnen und ein Recht auf Leben in Würde". Das Sozialhilfegrundsatzgesetz sei in der aktuellen Form menschenrechtswidrig, sagte Zehetner-Hashemi: "Es gehören vor allem die Kinderrichtsätze vereinheitlicht."
Außerdem müsse der Wohnkostenbeitrag dringend erhöht und so an die Lebensrealitäten der Menschen angepasst werden. "Man müsste wieder Mindestsätze wie früher bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung einführen. Diese konnten erhöht werden, wenn man gesehen hat, dass die Menschen mit dem Geld nicht ausgekommen sind." Das gehe mit dem neuen System der Höchstsätze nicht mehr. "Diese geben keine Möglichkeit, auf individuelle Lebensrealitäten einzugehen." Hinzu komme, so Zehetner-Hashemi, dass diese Höchstsätze - vorrangig bei Kindern - in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt seien. Ihr großer Wunsch an die nächste Regierung wäre, "dass das Thema Armutsbekämpfung als Menschenrechtsthema verstanden und die Sozialhilfe so ausgestaltet wird, dass sie wirklich das letzte Auffangnetz ist".
Podcast über Armutsbekämpfung
Auch in der aktuellen Folge des Religionspodcasts "Wer glaubt, wird selig" nimmt Martin Schenk zum Thema Armutsbekämpfung Stellung. Er kritisiert unter anderem die derzeit in mehreren österreichischen Bundesländern getestete Bezahlkarte für Asylwerber. Diese fuße auf einem "Konzept aus den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts", da damals schon Sachleistungen für Armutsbetroffene gegeben wurde. Schenk kritisierte außerdem, dass hier unnötig Geld ausgegeben werde: "Die Bezahlkarte ist viel kostenintensiver, als das Geld den Asylwerbern einfach zu überweisen." Schenk gab zu bedenken, dass ein solches System leicht ausgeweitet werden könne: "Nur weil Asylwerber eine Randgruppe sind, heißt das nicht, dass nicht irgendwann ein Politiker auf die Idee kommen könnte, das für alle Sozialhilfeempfänger anzuwenden."
Der von der ökumenischen Radioagentur Studio Omega produzierte Religionspodcast "Wer glaubt, wird selig" ist u.a. auf der Website der katholischen Kirche in Österreich (www.katholisch.at), auf https://studio-omega-der-podcast.simplecast.com sowie auf iTunes, allen Smartphone-Apps für Podcasts und auf Spotify abrufbar.
Quelle: kathpress