Hilfswerke fordern nationalen Aktionsplan gegen Einsamkeit
Auf die Gefahren der Einsamkeit und Isolation haben Hilfsorganisationen gemeinsam mit dem Berufsverband der PsychologInnen aufmerksam gemacht und einen nationalen Aktionsplan gefordert. Zehn Maßnahmen, die am Mittwoch in Wien präsentiert wurden, sollen das Problem bekämpfen, mit dem laut einer aktuellen Caritas-Studie rund 600.000 Menschen in Österreich mehr als die Hälfte ihrer Zeit zu kämpfen haben. Ziel ist es, die psychosozialen und gesellschaftlichen Folgen der Einsamkeit einzudämmen, so die Hilfwerke, darunter Caritas, Diakonie, Armutskonferenz, Rotes Kreuz, pro mente, Hilfswerk, Krebshilfe und Patientenorganisationen.
Caritas-Generalsekretärin Anna Parr bezeichnete die Einsamkeit als eine "stille Krise, die uns alle betrifft". Am geforderten nationalen Aktionsplan sollten sich die verschiedenen Ministerien, jedoch auch die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft beteiligen, wobei "fundierte Daten" als Grundlage nötig seien wie auch ein "echter politischer Willen". Erst so könne der soziale Zusammenhang gestärkt werden.
An erster Stelle der zehn Maßnahmen müsse das Ende der Stigmatisierung von Einsamkeit stehen, lautete eine Forderung. Es soll ein nationaler Aktionsplan erarbeitet und eine Koordinationsstelle gegen Einsamkeit eingerichtet werden, so die Hilfswerke. Überdies sollen die volkswirtschaftlichen Kosten der Einsamkeit beziffert und die Forschung dazu gefördert werden. Weitere Forderungen umfassen den Ausbau der kostenfreien psychologischen Versorgung, ein Recht auf barrierefreie und mehrsprachige Angebote gegen Einsamkeit, eine Förderung einer "Kultur des neuen Miteinanders" und einen Fokus auf besonders vulnerable Gruppen. Soziale Teilhabe müsse ebenfalls gefördert werden, inklusive eines "Rechts auf analoge Angebote".
Diakonie: Freiwilligen-Netzwerke fördern
Programme gegen Einsamkeit forderte auch Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Investiert werden solle in Freiwilligen-Netzwerke, Grätzlarbeit, Nachbarschaftshilfe und Projekte des Gemeinwesens. Zudem gelte es auch andere Formen der Community-Arbeit in Pflege, Familienhilfe oder in der Begleitung von Menschen mit Behinderungen zu fördern. "Gesellschaftliche Teilhabe ist ein wichtiger Faktor, der vor Einsamkeit schützt", so Moser.
Martin Schenk von der Armutskonferenz warnte davor, dass Einsamkeit in Verbindung mit Armut, sozialen Krisen und schlechter sozialer Infrastruktur noch bedrohlicher werde. Das Gefühl des Vergessenwerdens führe zu einem Vertrauensverlust in die Gesellschaft und Demokratie, was auch die Wahlbeteiligung verringern könne.
Als "Risikofaktor für die psychische Gesundheit" nannte die Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen (BÖP), Prof. Beate Wimmer-Puchinger, die Einsamkeit, mache sie doch anfälliger für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen. Der Rückzug Einzelner schwäche zudem den sozialen Zusammenhalt. Das Thema solle "aus der Tabuzone hervorgeholt und besprechbar gemacht" werden, so der Wunsch der Psychologin, die sich für den Ausbau kostenfreier psychologischer Versorgung aussprach.
Quelle: kathpress