Europa-Synodalworkshop: Organisatoren sehen Gemeinsamkeit gestärkt
Ein durchwegs positives Resümee haben die Organisatoren des Workshops der europäischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der vatikanischen Weltsynode gezogen, den die Katholische Privat-Universität Linz in den vergangenen Tagen veranstaltet hat. Spürbar sei das Selbstverständnis der katholischen Kirche seit Beginn des Synodalen Prozesses 2021 in Bewegung geraten - auch in Europa, zog der Vorsitzende des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Erzbischof Gintaras Grusas, im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress Bilanz. Die Beiträge beim Workshop hätten deutlich gezeigt, "dass das Zuhören und die 'Unterscheidung im Geist' immer mehr als notwendig gesehen werden, in jedem Aspekt unseres kirchlichen Lebens".
Klar geworden sei laut Grusas, dass der Synodale Prozess auf lange Sicht ausgerichtet sei und nach der Synode fortdauern müsse. Dabei handle es sich "um eine andere Art, Kirche und offen für jene Mission zu sein, an der alle Christen aufgrund ihrer Taufe teilhaben sollen". Dieses neue Verständnis erfordere Zeit und müsse auch in der Ausbildung Thema sein, hätten die in Linz Versammelten betont. In Gang gekommen sei dieser Wandel bereits: "Wenn wir zurückblicken auf das Jahr 2021, als jeder sich noch Mühe geben musste, um den neuen Begriff Synodalität zu verstehen, so befinden wir uns mittlerweile auf dem Weg, mit Folgen auf globaler wie lokaler Ebene", so der Erzbischof von Vilnius.
Hinsichtlich des Treffens in Linz zeigte sich Grusas erfreut über die Präsenz von 43 Synodenteilnehmern, erst recht da es sich nicht um einen vorgegebenen Pflichttermin gehandelt habe. "Alle Anwesenden hatten die Möglichkeit zu diskutieren. Wir hoffen auf eine Gelegenheit auch bei der Synode in Rom, um mit den europäischen Delegierten getrennt zu sprechen", so der CCEE-Präsident. Positiv sei auch, dass sich zwischen den Teilnehmenden seit der ersten Europa-Sitzung Anfang 2023 in Prag Beziehungen entwickelt hätten. Grusas: "Wir kommen nicht zu einer neuen Gruppe, sondern treffen auf jene, mit denen wir schon zuvor gearbeitet haben und die wir kennen."
"Wunder" der Gemeinsamkeit
Als großen Erfolg werteten gegenüber Kathpress auch die vier federführend beteiligten Theologinnen und Theologen den Workshop. Prof. Klara Csiszar sprach von einem "Gespräch auf Augenhöhe", für das das Treffen in Linz den Synoden-Vertretern der Ortskirchen Raum gegeben habe, besonders in den Kleingruppen. Angesichts der enormen Vielfalt innerhalb Europas 39 Bischofskonferenzen mit über 50 Sprachen grenze es an ein "Wunder", dass gemeinsame Standpunkte und Projekte überhaupt möglich seien, so die Theologie-Dekanin der Katholischen Privatuniversität Linz. "Es wird uns klar, dass wir alle bewusst unsere Taufe leben wollen. Das ist das große Credo, das uns eint."
Für einen Aufbruch in eine gute Kirchenzukunft sei es notwendig, "dass jeder und jede aus der eigenen Blase heraustritt und nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen sieht, in dessen Welt einzutauchen versucht und sich bemüht zu verstehen", so die Pastoraltheologin. Dieser Prozess sei mühsam, zeige nun aber bereits erste Früchte.
Paradigma der Vielfalt
Ziel des Treffens sei nicht eine Entscheidungsfindung gewesen, sondern die Vorbereitung für die zweite Session der Weltsynode auf Basis des "Instrumentum laboris", erklärte der Theologe Prof. Christoph Theobald. Die in diesem Arbeitsdokument verwendete Metapher der "Harmonie der Unterschiede" sei in Linz erfahrbar gewesen, hätten doch Begegnung, Gespräch, das gemeinsame Erleben und auch der Humor es möglich gemacht, kulturell bedingte Differenzen zur Sprache zu bringen und wertzuschätzen. Europas Vielfalt solle ein "Paradigma" werden, "bei dem man voneinander lernt und sich solidarisch fühlt", so der am Pariser Centre Sevres lehrende Experte.
Die Beratungen wurden vor allem in Kleingruppen geführt, jeweils mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Osten und Westen Europas. Thema war unter anderem, wie die Glaubhaftigkeit der Synode garantiert werden könne und welche Weiterarbeit nach Oktober möglich sei. Es habe sich gezeigt, dass nach dem früheren Motto "Sehen - Urteilen - Handeln" heute eine Vorgangsweise nach den Begriffen "Gemeinschaft - Sendung - Teilhabe - Unterscheidung" maßgeblich geworden sei, sagte Theobald.
Paradigma der Vielfalt
Auch Ängste und deren Gründe seien ausgesprochen worden, berichtete der Belgrader Erzbischof und CCEE-Vizepräsident Ladislav Nemet aus den Kleingruppen-Gesprächen. Vertreter aus den ehemals kommunistischen Ländern hätten formuliert, wie früher erlebte Schwierigkeiten mit dem Staat und der Geheimpolizei sie bis heute daran hindere, offen in Gesprächen zu sein und mehr Demokratie zu wagen. "Auf der anderen Seite haben wir auch gehört, wie in westlichen Ländern die Menschen darunter leiden, dass die Kirchen fast leer sind. Sie arbeiten, beten, machen alles gut und gewissenhaft, und doch gibt es keine Resultate." Nicht Kritik, sondern gegenseitige Annahme, Wertschätzung und Solidarität seien in beiden Fällen angebracht, "und vor allem auch die Geduld, damit sich das Neue entfalten kann", so der dem Steylerorden zugehörige Geistliche.
Europa im Rückstand
Während es in der Kirche im Globalen Süden heute große Lebendigkeit gebe, scheine sie in Europa nach Jahrhunderten großer Missionserfolge alt und müde geworden, formulierte die in Erfurt lehrende Theologin Prof. Myriam Wijlens. Es dränge sich die Analogie zu jener Geschichte im Neuen Testament auf, in der die Jünger Jesu nach einem erfolglosen Fischfang von ihm aufgefordert werden, die Netze auf der anderen Seite des Bootes auszuwerfen. Es bringe nichts, "die gleichen Methoden noch intensiver anzuwenden", so die niederländische Kirchenrechtlerin über die heutige Situation. Der "neue Stil der Synodalität" sei die nun versuchte Methode, die jedoch das Mittel darstelle, um zum Ziel zu gelangen. "Das Ziel ist die Sendung der Kirche und die Sendung aller Christen", betonte Wijlens. Eine gemeinsame Gesprächskultur trotz aller Unterschiede und Schwierigkeiten zu finden, sei ein "Zeichen für diese Welt".
Ortskirchen auf anderen Kontinenten würden Europa modellhaft vorzeigen, wie die Synodalitäts-Frage vorangetrieben werden könne, befanden die beteiligten Theologinnen. In Südamerika würden Enttäuschungen wie etwa über nicht eingelöste Erwartungen bei der Amazonien-Synode viel besser weggesteckt als in Europa, "man lässt sich dort die Hoffnung und Dynamik nicht nehmen", bemerkte Csiszar. Kontinentalweite Treffen von Theologen zu Synodalität würden dort veranstaltet, oder in Nordamerika ein in fünf Sprachen abgehaltener Online-Kurs mit internationalen Referenten und über 3.000 Teilnehmenden.
Wijlens berichtete von Australien, wo infolge der dortigen Missbrauchs-Krise ein 2023 abgeschlossenes Plenarkonzil einberufen wurde. Nach zwei Jahren Gesprächen von 44 Bischöfen, 175 Nicht-Bischöfen und 70.000 weiteren Teilnehmenden seien als Ergebnis Diözesansynoden in allen Diözesen gestartet. Dies gebe zahlreiche "Anregungen für die Weltkirche, und auch für Europa", so die niederländische Kirchenrechtlerin. Die Welt miteinander ins Gespräch zu bringen, sei äußerst bereichernd, habe sich auch in Linz bestätigt.
Quelle: kathpress