Wien: Festgottesdienst mit Kardinal Schönborn zu Bruckners 200er
Anlässlich des 200. Geburtstags von Anton Bruckner gibt es neben zahlreichen musikalischen und kulturellen Höhepunkten auch einen liturgischen: Am Samstag, 7. September findet in der Wiener Jesuitenkirche ein Festgottesdienst mit Kardinal Christoph Schönborn und dem Propst von Bruckners jahrzehntelanger Wirkstätte Stift St. Florian, Johann Holzinger, statt. Musikalisch begleitet wird die Feier von Anton Bruckners Messe in e-Moll, aufgeführt von der Chorvereinigung St. Augustin mit Bläserensemble unter der Leitung von Andreas Pixner.
Der Festgottesdienst drei Tage nach dem Geburtstag des großen Komponisten (4. September) ist eingebettet in ein "Grätzlfest", zu dem die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in den Arkadenhof am Campus Akademie lädt. Anton Bruckner sei "Meister der Romantik und einer der genialsten Persönlichkeiten der Musikgeschichte im deutschsprachigen Raum", heißt es der Ankündigung. Teil des ganztägigen Programms ist auch ein festlicher Sternmarsch, an dem sich die Gardemusik Wien sowie die Musikvereine Oberlaa (Wien) und Kremsmünster (OÖ) beteiligen. Am Nachmittag haben sich die Andorfer Chöre, der Musikverein St. Florian, die Camerata Garstina, die Blaskapelle der Boku Wien und der Chor der ÖAW angesagt.
"Verdichtung großer Menschheitsfragen"
Eine ausführliche Würdigung für Bruckner findet sich diese Woche auch in der Linzer Kirchenzeitung, in welcher der Chefdirigent des Linzer Bruckner Orchesters, Markus Poschner, über die bleibende Faszination, die von Anton Bruckners Werken ausgeht, berichtet. "Bruckner wird nie langweilig oder uninteressant", sagte der Musiker im Interview. Die Werke des Jahresregenten seien "nichts, was man alle paar Jahre aus dem Regal holt", denn Kunstwerke wie seine Symphonien hätten "so viel mit unserem Leben und unserem Herzen zu tun, dass wir nie davon ablassen können", so der 53-jährige Deutsche, der in seiner Funktion 2017 auf den US-Amerikaner Dennis Russell Davies gefolgt war.
Die Musik großer Komponisten wie Bruckner sei "Teil unseres Menschseins geworden", liege ihr Genie doch darin, "dass sie die großen Menschheitsfragen und Dinge des Lebens verdichten und in der Sprache der Musik aussprechen konnten." An diesen ewigen Fragen komme niemand vorbei. "Sie sind ein Geheimnis, das wir begrifflich nicht begreifen können, sondern das uns ergreift. Erst wenn wir ergriffen werden, verstehen wir, fangen wir an zu leben. Und dafür brauchen wir die Musik", so Poschner, der zum 200. Geburtstag Bruckners seine Einspielung sämtlicher insgesamt 18 Fassungen aller elf Bruckner-Symphonien vorgelegt hat.
Keine Kopie Wagners
Bruckner habe eine eigenständige Musik geschaffen, betonte der Dirigent, obwohl er "entscheidende Inspirationsquellen" gehabt habe. Zu diesen zählte Poschner Richard Wagner, jedoch auch Beethoven, Mozart, Haydn, verschiedenen Renaissance-Komponisten, oder die französische und italienische Musik. Nie sei der oberösterreichische Komponist "der schreibende Epigone Wagners, den aber so viele so gern gehabt hätten" gewesen. Bruckner sei zudem näher als jeder andere an die Zwölftonmusik und die Idee serieller Musik herangekommen, was seinerzeit auch schon Anton Webern, Alban Berg und Arnold Schönberg bemerkt hätten.
Der Dirigent sprach zudem von einer "Polarität" bei Bruckner: Der in Ansfelden bei Linz geborene Komponist sei einerseits stark in der Tradition gestanden, habe aber zugleich auch die Avantgarde verkörpert, "auch in philosophischer und ästhetischer Hinsicht". Bruckner definiere sich "nicht wie Beethoven über den Kampf, den dieser für die Ideale der Französischen Revolution ausgetragen hat", sondern über das Ritual, was laut Poschner "eine fast schon überpersönliche Draufsicht auf Kunst" sei.
Quelle: kathpress