Seelsorgeamtsleiterin: Eine Synodale Kirche hält Spannungen aus
Trotz aller gegenwärtigen Krisen bleibt die Zukunftsperspektive der Kirche eine positive: Davon hat sich Elisabeth Schneider-Brandauer, Seelsorgeamtsdirektorin der Diözese Gurk-Klagenfurt, überzeugt gezeigt. Sie referierte bei der jüngsten Sommertagung des Katholischen Akademikerverbandes im Bildungshaus Sodalitas in Tainach/Tinje. "Gott schafft Neues auch unabhängig von der Kirche. Darauf dürfen wir vertrauen", so die Seelsorgeamtsdirektorin. Sie sprach u.a. von einer Überforderung durch Komplexität, plädierte für ein Kirchenbild, das an Jesus Christus Maß nimmt und zeigte sich überzeugt, dass eine synodale Kirche fähig sei, Spannungen auszuhalten.
Schneider-Brandauer sprach zum Thema "Kirche zwischen Tradition und Innovation - Erneuerung der Kirche im synodalen Prozess". Die Diözese Gurk-Klagenfurt hat ihren Vortrag vom 23. August am Dienstag online gestellt.
Die Seelsorgeamtsleiterin begann ihre Ausführungen mit einem nüchternen Blick auf Kirche und Welt: Die Welt stehe in Flammen, Kriegsschauplätze rund um uns und auch die Folgen der Klimaveränderung seien nicht mehr zu leugnen. Bezüglich Künstlicher Intelligenz eröffneten sich ambivalente Möglichkeiten. Bewährte Herangehensweisen für die Lösung von Problemen würden nicht mehr wie früher greifen, argumentierte Schneider-Brandauer unter Zuhilfenahme von Erkenntnissen der Komplexitätsforscherin Maria Hermann. "In vielen Bereichen und so auch in der Kirche, weiß kein Mensch, wie es wirklich weitergeht."
Die Überforderung durch Komplexität lasse besonders auch in den Kirchen den Fundamentalismus wieder stärker werden, so Schneider-Brandauer weiter. Zudem sei kirchlicherseits eine breite Realitätsverweigerung festzustellen, wenn auf die Fragen und Sorgen der Menschen kaum noch Bezug genommen werde. Die Seelsorgeamtsdirektorin ortete eine solche Realitätsverweigerung besonders im "Umgang mit Frauen in der Kirche". Es mache sie "unheimlich traurig", so Schneider-Brandauer, "dass wir bereits viele Frauen verloren haben, die aufgeschlossen und engagiert Kirche gestalten wollten."
Man könne der zunehmenden Säkularisierung kaum Einhalt gebieten, "wir müssen in jedem Fall aber das 'Warum wir glauben' neu erschließen". Dazu gebe es mehrere Wege, die nicht unumstritten sind: Sie sprach vom Abgrenzungsversuch der identitär-traditionalistischen Option, der charismatisch-evangelikalen Option, die Gemeindeerneuerung abzielende Divine-Renovation-Bewegung oder auch das liberale Gemeindechristentum der 1990er-Jahre. Der Kirchenerneuerungsprozess in Kärnten setze auf Strukturreformen und organisatorische Verbesserungen, verbunden mit Impulsen der Neuevangelisierung.
Kirchenbild an Jesus Christus orientiert
In diesen Kontext hinein habe Papst Franziskus die Kirche weltweit in einen synodalen Prozess gestellt. Schon das Synodenpapier zeige, dass die Anerkennung der gemeinsamen Taufwürde synodale kirchliche Strukturen und Verfahren nach sich ziehen müsse. Schneider-Brandauer skizzierte ein Kirchenbild, das sich an Jesus Christus orientiert: Eine synodale Kirche sei demütig und sie wisse, dass sie um Vergebung bitte müsse. Eine synodale Kirche sei gerufen zum Dialog mit anderen Kirchen, mit Religionen, Kulturen und Gesellschaften. Und eine synodale Kirche sei offen, einladend und nehme alle auf. Eine synodale Kirche sei zudem auch fähig, Spannungen auszuhalten, ohne von ihnen erdrückt zu werden.
Als konkrete Herausforderungen beim Gehen des synodalen Weges nannte Schneider-Brandauer etwa die Frage, wie die Skeptiker abgeholt und mitgenommen werden können? Synodales Vorgehen braucht auch Zeit. Doch: "Haben wir diese Zeit noch?" Weiters gelte es, vulnerable Gruppen wie Kinder, alte Menschen, Familien, oder auch LGBTQ+-Personen in den Blick zu nehmen. "Gelingt für sie das Leben besser, wenn wir uns als Christen einmischen, muss hier die Frage lauten", so Schneider-Brandauer.
Ehrenamt wird Normalfall
Die Seelsorgeamtsleiterin wies zudem darauf hin, dass das Ehrenamt zum Normalfall der Kirche werden wird. Zu hinterfragen sei, "ob wir für diese Freiwilligenarbeit genug Wertschätzung aufbringen". Weitere Herausforderungen seien etwa: "Sind wir Gastgeber, die sich auch für die Gäste interessieren? Haben wir die Bereitschaft, von der ganz jungen Generation zu lernen? Sind wir auskunftsfähig über unseren Glauben?
Abschließend nahm Schneider-Brandauer nochmals auf die komplexe Welt mit ihren vielfältigen Herausforderungen Bezug: "Eine komplexe Welt hat auch Chancen. Keiner kann für sich in Anspruch nehmen: Ich weiß es, wie es geht, mein Weg ist der einzig richtige." Dieser "Kontrollverlust" der Komplexität kann auch der Ort sein, an dem Neues und Veränderung entstehen.
Quelle: kathpress