"Gefährten": Autorin Ebrahimi würdigt Papst-Brief über Literatur
Wohlwollend hat sich die in Graz lebende Schriftstellerin Nava Ebrahimi über den jüngsten Papst-Brief zur Literatur geäußert. Der Brief enthalte "viele wahre, universell gültige Passagen", schrieb Ebrahimi in einem Beitrag in der "Kleinen Zeitung" (18. August). Als Beispiel zitierte die in Teheran geborene Autorin, die 2021 den Ingeborg Bachmann-Preis gewann, Passagen über das Geheimnis des fleischgewordenen Wortes - damit sei laut Papst Franziskus "nicht das Geheimnis einer abstrakten Menschheit gemeint, sondern das Geheimnis des konkreten Menschen mit allen Wunden, Sehnsüchten, Erinnerungen und Hoffnungen". Beides - Literatur und Glaube - würden Zugänge zu diesem Leben eröffnen und Empathie ermöglichen. So würde man zu "Weggefährten", zitierte Ebrahimi Franziskus.
In ihrem "Gefährten" überschriebenen Text schilderte die Autorin u.a. eine Begegnung am Rande einer Veranstaltung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz. Dort hatte sie eine Rede gehalten. Im Anschluss habe sich der ebenfalls angereiste Kurienerzbischof Giovanni Cesare Pagazzi - Sekretär im Dikasterium für Kultur und Bildung - offen interessiert an ihrem Debütroman "Sechzehn Wörter" gezeigt, berichtete Ebrahimi. "Mich durchfuhr eine Peinlichkeitswelle. Was sollte der Monsignore, der in seinem schwarzen Anzug und Hemd mit Piuskragen einen gewissen ehrwürdigen Eindruck auf mich machte, mit meinem Roman anfangen? Mit der Geschichte der Deutsch-Iranerin Mona, die von sich selbst behauptet, keine Werte zu besitzen, die ihre spirituellen Bedürfnisse auf Elektropartys stillt und immer zwischen zwei Männern steht?"
Der nunmehr publizierte Papst-Brief habe sie an diese Begegnung erinnert - und versöhnlich gestimmt. Wenn sie sich nun vorstelle, dass Erzbischof Pagazzi ihr Buch lese, könne sie dem auch Positives abgewinnen: "Ein Monsignore sieht die Welt mit den Augen Monas - am Ende doch vielleicht sogar eine schöne Vorstellung."
Anfang August hatte Papst Franziskus einen Brief unter dem Titel "Über die Bedeutung der Literatur in der Bildung" veröffentlicht, in dem er eine Art Liebeserklärung an das gedruckte (literarische) Wort formulierte. Im Gegensatz zu allgegenwärtigen Medien und sozialen Netzwerken, sei ein gutes Buch eine Oase, erweitere Vorstellungskraft wie Horizont seines Lesers. Die Lektüre eines literarischen Textes versetze in die Lage, durch die Augen anderer zu sehen, und einen Blickwinkel zu erlangen, der die eigene Menschlichkeit weite, so Franziskus.
In seinem 44 Punkte umfassenden Brief prangert Franziskus den Mangel an Beschäftigung mit Literatur auch konkret in Priesterseminaren an. Dies sei die Ursache für eine ernsthafte intellektuelle und spirituelle Verarmung der künftigen Priester, die so eines privilegierten Zugangs zum Herzen der menschlichen Kultur und insbesondere zum Herzen des Menschen durch die Literatur beraubt würden.
Quelle: Kathpress