Großelternkarenz: Katholische Aktion bleibt skeptisch
In der von der ÖVP losgetretenen Diskussion um die Großelternkarenz hat ein Fachgremium der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) vor "Benachteiligung von Frauen und Überforderung der Großeltern" gewarnt. Das KAÖ-Forum Beziehung, Ehe und Familie sprach sich am Montag demgegenüber für die Förderung der "partnerschaftlichen Sorge um Kinder mit starker Väterbeteiligung" aus. Vorsitzende Helga Wagentristl und ihre Stellvertreterin - die frühere KAÖ-Präsidentin - Luitgard Derschmidt, bezeichneten es als Vision des Forums, "dass beide Elternteile möglichst partnerschaftlich, zu gleichen Teilen das Kind bzw. die Kinder pflegen und umsorgen".
Die Väterkarenz zu fördern, wäre hier "ein wichtiger Beitrag der Politik", hieß es in einer Aussendung, "denn gerade die frühen Lebensjahre schaffen auf beiden Seiten, sowohl bei Kindern als auch bei den Eltern - Müttern UND Vätern - engere Beziehung und eine gute Bindung".
Eine stärkere Einbindung der Großeltern - meist der Großmütter - habe demgegenüber aus mehreren Gründen Nachrang, geht aus den Argumenten von Wagentristl und Derschmidt hervor. "Da Care-Arbeit zum Großteil von Frauen geleistet wird, werden dadurch wieder die Frauen schlechter gestellt", so die Befürchtung. Eine Mutter, die schon wegen der Karenzzeiten bei ihren eigenen Kindern eine geringere Pension erhält, müsse mit weiteren Einbußen rechnen, falls sie nun auch als Großmutter in Karenz geht. Die Idee der Großelternkarenz fördere somit "einmal mehr die ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern".
"Karenz ist harte Arbeit"
Das Pflegen und Erziehen von Kindern sei auch kein Karenz-"Urlaub", sondern "harte Arbeit und für ältere Menschen manchmal einfach eine Überforderung", gaben die Expertinnen weiter zu bedenken. "Die Großeltern haben eine eigene Rolle."
Ein weiterer Aspekt sei die immer wieder zitierte Wahlfreiheit, die es in der Realität aber nur für besserverdienende Eltern gebe, so Wagentristl und Derschmidt weiter: "Wenn man an der Armutsgrenze um das tägliche Leben kämpfen muss, gibt es keine Wahlfreiheit!". Das Geld, das für die Großelternkarenz eingeplant wird, komme denen, die es am meisten bräuchten, nicht zugute.
"Hilfreich und notwendig wäre ein verstärkter Ausbau von überall gut erreichbaren Kinderbetreuungseinrichtungen mit hochqualifizierten Pädagoginnen und Pädagogen, unterstützende Begleitungsangebote, qualitativ hochwertige Elternbildung und vieles mehr", forderte das KAÖ-Forum. Solche Maßnahmen kosteten freilich Geld. "Diese Investition würde sich aber lohnen, weil sie präventiv, wirksam und hilfreich wäre."
Bundeskanzler Karl Nehammer hatte bereits im Jänner den Vorschlag einer Großelternkarenz auf die politische Agenda gebracht. Ende Juli wurde die Idee anlässlich des Welttags der Großeltern durch Familienministerin Susanne Raab und Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec erstmals und am Wochenende neuerlich konkretisiert. Letztere sprach sich für einen Rechtsanspruch aus; Raab sah sich als Vertreterin "echter Wahlfreiheit", niemand werde zu etwas gezwungen.
Quelle: Kathpress