Klima-Expertin Rogenhofer: Verzicht kann zu mehr Lebensqualität führen
Es braucht eine "neue Vision" guten Lebens, in dem Verzicht nicht als Makel betrachtet wird, sondern die Chance zu einem "Mehr an Lebensqualität" enthält: Das hat die Klima-Expertin und Vorständin des "Kontext-Instituts für Klimafragen", Katharina Rogenhofer, in einer neuen Folge des Podcasts der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) betont. "Wir haben ein bestimmtes Bild von einem guten Leben - und das ist vor allem geprägt durch den Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegsjahre. Jeder muss sein eigenes Haus haben, sein eigenes Auto. Da ist klimaschädigendes Verhalten eigentlich die Norm." Zudem trage die Globalisierung zu einer "Verantwortungsdiffusion" bei, indem man die Verantwortung für die Klimaschäden von sich auf andere oder das System schiebe. Das helfe nicht weiter.
Wenn man sich für ökologische und Umweltthemen einsetze, so werde man heute häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, dass man Dinge verbieten wolle. "Aber ich drehe es lieber um", so Rogenhofer weiter: "Ich sage dann immer: Auf was verzichten wir denn eigentlich heute schon, was wir durch Klimaschutz gewinnen könnten? Öffentlichen Raum in Städten, Grünflächen für Naherholung, gerade für die Menschen, die in kleinen Wohnungen wohnen, etc. Wir verzichten ja durch unseren gegenwärtigen, nicht-klimagerechten Lebensstil auf so viel, was wir durch Klimaschutz gewinnen können."
Beispielhaft für die Vision eines anderen Wirtschaftens und Lebens sei u.a. die Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus. "Ich habe genau dieses Gefühl, dass wir zu viel entkoppelt sind und zu wenig verstehen, dass wir integraler Bestandteil und damit massiv abhängig davon sind, wie sich Ökosysteme entwickeln, wie sich unsere Natur und Umwelt entwickelt - dass wir eben Teil einer lebendigen Umwelt sind und nicht davon unabhängig", so die Expertin.
Neben einem damit verbundenen Mentalitätswandel brauche es aber auch politische Signale und praktische Schritte zu einem nachhaltigen Lebensstil, der sich im Alltag der Menschen bewähren müsse, führte Rogenhofer weiter aus. Dazu gehöre etwa, zu überlegen, welche Produktionen man wieder zurück nach Europa holen könne, um Lieferketten und Produktionsweisen durchschaubarer und Wege kürzer zu gestalten. Außerdem könne jeder dazu beitragen, den eigenen Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Diese Fragen nur auf die größere politische Ebene und ein kollektives "Wir" zu verschieben, führe nicht weiter und "verschleiert die Möglichkeiten und Verantwortlichkeiten", die jeder Einzelne wahrnehmen könne.
Das Gespräch mit Katharina Rogenhofer ist im Podcast "361 Grad Sozialkompass" erschienen. In seiner aktuellen zweiten Staffel widmet sich der Podcast der Katholischen Sozialakademie Österreichs dem Thema Wohlstand. (Infos: www.ksoe.at/podcast).
Quelle: kathpress